Erfahrungsbericht von Sales Hollinger
Diesen Winter verbrachte ich einen Monat als Freiwilliger bei Proyecto Consciente in San Francisco Gotera, der Hauptstadt von Morazán, El Salvador. Neben Englischkursen und sportlicher Animation für die lokalen Mitarbeitenden bestand meine Hauptaufgabe darin, ein Chorprojekt zu leiten, welches Consciente in Zusammenarbeit mit dem kantonalen Bildungsministerium auf die Beine gestellt hatte. Die Idee dieses Projektes bestand darin, den Kindern und Jugendlichen basale Theoriekenntnisse zu vermitteln und ihnen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam Chormusik zu singen.
Die Leitung dieses Projektes ging mit diversen Herausforderungen einher. Die erste Schwierigkeit war sprachlicher Natur: Die Vorstellungsrunde hatte ich noch souverän gemeistert – ich bin Freiwilliger bei Consciente, ich komme aus der Schweiz, ich mag Papayas – doch bereits beim gemeinsamen Einsingen kam ich ziemlich ins Schwitzen, da mein Alltagsspanisch Begriffe wie Zwerchfell, Stimmbänder, Obertöne, Stütze und dergleichen nicht beinhaltete – noch nicht.
Eine weitere Schwierigkeit war kultureller, oder sagen wir organisatorischer Art. Die zeitliche und örtliche Durchführung der Kurse deckte sich leider nicht immer mit der ursprünglichen Planung – jedenfalls , wenn man eine mitteleuropäische Interpretation zugrunde legte. Aber in El Salvador ist man sich gewohnt zu improvisieren und die Geduld zu wahren, und so sangen wir manchmal im Freien und bei reduzierter Besetzung, und manchmal etwas später als vorgesehen.
Musikalisch gesehen bestand die grösste Herausforderung darin, mehrstimmige Stücke zu singen. Das Grossartige am Singen im Chor ist ja, die harmonischen Schwingungen zu erleben, die sich im Zusammenspiel mit anderen Stimmen ergeben und die man selber singend miterzeugt. Diese Erfahrung wollte ich ihnen unbedingt ermöglichen. Allerdings kann in El Salvador kaum jemand Noten lesen (dafür beherrschen praktisch alle das Gitarrenspiel), und die Erarbeitung einer Stimme durch Imitation bedarf einer gewissen Geduld, derer Kinder bekanntlich entbehren. Die ideale Einstiegsform war daher der Kanon. Schon nach kurzer Zeit boten die jungen Sängerinnen und Sänger eine dreistimmige Version des “Bruder Jakob” und schienen nicht mehr aufhören zu wollen.
Zum Abschluss des Projektes durfte unser Chor ein kleines Konzert vor gut 200 ZuhörerInnen aufführen, zum grössten Teil aus Schulklassen marginaler Viertel bestehend. Dieses Ereignis hat es nicht nur ins lokale Fernsehen geschafft, sondern sich auch in tief in die Erinnerung der jungen Sängerinnen und Sänger eingegraben.
In ökonomischen Kategorien ist der Erfolg solcher Projekte schwierig zu erfassen. In El Salvador leben gut 40 % der jungen Bevölkerung in Armut, und Musikkenntnisse tragen bekanntlich nicht viel zur wirtschaftlichen Produktivitätssteigerung des Landes bei. Doch abgesehen von ihrer wohltuenden Wirkung ist die Musik eben auch Sinnstifterin, und in Anbetracht der grassierenden Jugendkriminalität bietet sie ein effektives Mittel zur Bekämpfung sozialer Verwahrlosung. Somit leistet die Musik einen wesentlichen, wenn auch unscheinbaren Beitrag zu einer besseren Gesellschaft.
„Que canten los niños, que alcen la voz,
que hagan al mundo escuchar;
que unan sus voces y lleguen al sol;
en ellos está la verdad.
que canten los niños que viven en paz
y aquellos que sufren dolor;
que canten por esos que no cantarán
porque han apagado su voz“
Stipendien für 2018 gesucht: zu Besuch bei Blanca und Dalí
/in Deutsch, News, Stipendienprogramm/von Martina JakobAls wir in Chilanga ankommen, denke ich daran, dass hier vor einigen Tagen ein Mann umgebracht wurde. Die improvisierten Bambuswände der kleinen Hütte, die Blanca mit ihrer Mutter und ihren zwei Schwestern bewohnt, bieten den vier Frauen keinerlei Schutz. Die 18-jährige Gymnasiastin hat sich bei Consciente für ein Stipendium beworben.
Sie und knapp 30 andere Bewerberinnen und Bewerber erfüllen unsere Kriterien für ein Stipendium und sind damit in der Vorauswahl. Der nächste Schritt im Selektionsprozess ist ein Hausbesuch, bei welchem die sozioökonomischen Verhältnisse der Familien dokumentiert und die Angaben aus dem Bewerbungsformular sorgfältig geprüft werden. Dadurch wollen wir sicherstellen, dass unsere Stipendien an junge Menschen vergeben werden, welche voll und ganz auf diese angewiesen sind und mit dem Wissen aus ihrem Studium zur Verbesserung der Lebensumstände in ihrer Gemeinde beitragen wollen.
Zu Besuch in Chilanga
Während des Besuchs erfahren wir, dass Blanca ab Februar 2018 Medizin studieren möchte. Das Studienfach interessiert sie, weil es anspruchsvoll ist und man damit etwas für andere Menschen tun kann. Nach ihrem Studium will Blanca in Chilanga eine Praxis eröffnen, in welcher Menschen aus armen Verhältnissen kostenlos behandelt werden sollen. Viele Familien in Chilanga leben in extremer Armut und haben keinen Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Ausserdem ist die Sicherheitslage in der Gemeinde prekär; allein im letzten Monat hatte Chilanga sieben Morde zu verzeichnen. Bildung ist eine der wirkungsvollsten Präventionsmassnahmen gegen Kriminalität und Gewalt. In Chilanga ist sie jedoch für viele Jugendliche unerreichbar.
Im nationalen Vergleichstest hat Blanca als eine der Besten im ganzen Departement abgeschnitten. An ein Studium ist trotzdem nicht zu denken: Blancas Vater kümmert sich schon seit Jahren nicht mehr um die Familie, während ihre Mutter für knapp 100 Dollar pro Monat auf dem Markt Gemüse verkauft. Blanca hat daher all ihre Hoffnung in ein Consciente-Stipendium gesteckt – wenn es damit nicht klappt, wird sie wie ihre Mutter als Marktfrau ein Auskommen finden müssen.
„Wir werden deinen Antrag prüfen und dir in den nächsten Wochen Bescheid geben“, erklärt der Stipendienverantwortliche Joel, als wir uns von Blanca verabschieden. Dann machen wir uns mit dem Motorrad auf den Weg zum nächsten Hausbesuch – ins Bergdorf San Isidro.
Blanca möchte Medizin studieren.
Auf der Hauptstrasse Richtung Norden erwischt uns ein Gewitter. Nachdem wir die Stipendienunterlagen sorgfältig in Plastiksäcke verpackt haben, fahren wir durch den Regen weiter. Nach einer halben Stunde biegen wir in die sogenannte „Logitudinal del Norte“ ein – eine Autobahn ins Nichts. Sie ist das Resultat eines verfehlten Infrastrukturgrossprojekts. Auf der ganzen Strecke begegnen uns nur zwei Motorräder. In den Bergdörfern, die vor uns liegen, kann sich kaum jemand ein Auto leisten. Plötzlich hört die überdimensionierte Strasse auf und wir landen auf einem Waldweg, der nach San Isidro führt – in eine der ärmsten Gemeinden in Morazán. Dalí wohnt noch 45 weitere Minuten Fussmarsch vom Dorf entfernt. Hier gibt es keinen öffentlichen Verkehr mehr und auch mit dem Motorrad ist man kaum schneller. Wir werden bei jedem Schlagloch kräftig durchgeschüttelt, bis wir endlich vor der Lehmhütte stehen, in der Dalís Familie wohnt.
Dalís Familie wohnt in der Nähe des Bergdorfs San Isidro.
„Wisst ihr, manchmal ist einem das etwas unangenehm“, sagt Dalís Mutter ein wenig verlegen, als wir das Haus betreten. „Wir haben hier nur einen Raum. Wir leben bescheiden. Aber wie sagt man nicht so schön: Unter einer Bettdecke haben viele Leute Platz.“ Dalís Mutter ist Hausfrau, der Vater ist Bauer und bewirtschaftet ein gepachtetes Stück Land. Die Familie baut Mais und Bohnen an – wie fast alle Leute in der Region. Während des Bürgerkriegs sei das ein umkämpftes Gebiet gewesen, erklärt uns der Vater und zeigt auf die umliegenden Hügel. Da hätten auf allen Seiten die Bomben eingeschlagen. Er selbst habe während der 10 Kriegsjahre als Soldat mitkämpfen müssen.
Dalí möchte Jus studieren und Anwältin werden. „Seit ich erfahren habe, dass wir Menschen Rechte haben und diese oft verletzt werden, ist das mein grosser Traum“, erzählt sie uns und fügt an: „In meiner Gemeinde werden insbesondere die Rechte der Frauen oft verletzt. Der ‚Machismo’ ist allgegenwärtig. Falls ich studieren kann, möchte ich mich hier in der Region für Gerechtigkeit und Frauenrechte einsetzen.“
Nun ist es schon fast ein Jahr her, seit Dalí das Gymnasium abgeschlossen hat. Bildung war für sie schon immer sehr wichtig. Die Mutter erzählt stolz, wie gut ihre Tochter im nationalen Vergleichstest abgeschnitten habe – und das, obwohl sie mit hohem Fieber zum Test gegangen sei. Nach dem Gymnasium war aber zunächst Schluss mit Dalís Ausbildung. Die Familie kann die Kosten für ein Studium unmöglich tragen. So ist Dalí zuhause geblieben und hat ihrer Mutter im Haushalt geholfen. „Ich habe aber die Hoffnung nie aufgegeben und immer nach Möglichkeiten gesucht“, erzählt sie uns. „Und eines Tages hat mich meine Tante auf den Jugendkongress aufmerksam gemacht, den Consciente zusammen mit anderen Organisationen von Morazán durchführt. Ich konnte als eine der Vertreterinnen des Frauennetzwerks von Morazán teilnehmen. Der Kongress war eine unglaubliche Erfahrung für mich – da gibt es gar keine Worte dafür.“ Am Jugendkongress ist Dalí auch auf das Consciente-Stipendienprogramm aufmerksam geworden. Am Tag darauf hat die Familie kurzerhand die letzten drei Dollar zusammengekratzt und Dalí ist mit ihrem Vater nach Gotera gefahren, um das Bewerbungsformular auszufüllen. „Als gestern der Anruf für den Hausbesuch kam, habe ich fast geweint“, sagt Dalís Mutter. „Ich habe keine Familienangehörige, auf deren Unterstützung ich zählen kann. Meine Tochter ist unsere einzige Hoffnung.“
Dalí am II Jugendkongress von Morazán
Auf dem langen Heimweg denke ich über den unglaublichen Willen von vielen jungen Menschen in El Salvador nach, die ihren Umständen trotzen und für eine bessere Zukunft für ihre Familien und ihre Gemeinden kämpfen wollen. Und ich nehme mir vor, in den nächsten Wochen alles zu geben, um genügend Patinnen und Paten zu finden, die ihnen diesen Traum ermöglichen können.
Consciente trifft Vize-Ministerin für Wissenschaft und Technologie, El Salvador
/in Forschung/von Livia JakobVereinspräsidentin Martina Jakob und Hauptkoordinator Jasael Torres wurden am 15. September 2017 von der nationalen Vize-Ministerin für Wissenschaft und Technologie, Dr. Erlinda Hándal, und dem nationalen Direktor für Erziehung, Lic. Oscar de Jesús Águila Chávez, in San Salvador empfangen. Gegenstand der Gespräche war das CONSCIENTE-Forschungprojekt für computer-unterstütztes Lernen in Morazán. Das Ein-Computer-ein-Schulkind-Programm ist ein wichtiger Pfeiler der Erziehungspolitik El Salvadors in den nächsten Jahren. Unser CAL-Projekt stösst deshalb auch auf nationaler Ebene auf reges Interesse.
CONSCIENTE gewinnt den DEZA-NADEL-Preis für bestes Evaluationsprojekt
/in Bildungsprogramm, Deutsch, Forschung, News/von Christoph KühnhanssIm Rahmen des CAL-IMPACT-Projektes werden wir im Schuljahr 2018 computergestützten Mathematikunterricht für 600 SchülerInnen in Morazán anbieten. Das Projekt wird wissenschaftlich vom Center for Regional Economic Development CRED und vom Soziologischen Institut der Universität Bern begleitet, die mit einer Impact-Evaluationsstudie mit RCT-Design (Randomized Controlled Trial) den Effekt von CAL auf die Leistungen der SchülerInnen untersuchen werden. Das langfristige Ziel von CAL-IMPACT ist die Skalierung von CAL auf nationale und allenfalls internationale Ebene in Mittelamerika.
Das Projekt hat das Potenzial, zum Show-Case für die Schweizer Development Community zu werden. Die Abschlussstudie wird im Sommer 2018 erwartet und grossen Impact auf CONSCIENTE als NGO haben.
Der zweite Jugendkongress von Morazán
/in Deutsch, Freiwilligenarbeitsprogramm/von Martina JakobVon Malin Frey
Wie geplant fand vom 31.07. bis 02.08.2017 der zweite Jugendkongress von Morazán statt. Im Vorfeld wurde ein Vorkongress durchgeführt, der die Jugendlichen, welche am Kongress teilnehmen würden, bereits mit dem Thema «Soziales Engagement und soziale Bewegungen» vertraut machen sollte. Zusätzlich zu den Jugendlichen verschiedener Organisationen der Red Alternativa Juvenil wurden Vertreterinnen und Vertreter von der Red Ciudadana de Mujeres, der Comunidades Eclesiales de Base und der Vereinigung für Veteranen eingeladen, an den Workshops und Diskussionen teilzunehmen. Als aktive soziale Organisationen können diese aus einem reichhaltigen Erfahrungsschatz in Bezug auf das Kongressthema schöpfen und die Jugendlichen daran teilhaben lassen.
Arbeit in Diskussionsgruppen am Vorkongress
In den Kleingruppen, die zur Diskussion der fünf Unterthemen gebildet wurden (Gender, Umwelt, soziale Bewegung in Morazán, Bildung von Unten, Selbstorganisation und partizipative Demokratie) tauschten die Mitglieder der verschieden Organisationen Erfahrungen, Meinungen und Ideen aus und bildeten sich gemeinsam weiter. Allgemein konnte zum letzten Kongress ein grosser Unterschied in Partizipation und Diskussionsniveau gespürt werden. Dies mag auf eine sorgfältige Auswahl der Teilnehmenden zurückzuführen sein. Ausserdem können einige der Jugendlichen auf einen beachtlichen Lernprozess während des letzten Jahres zurückblicken, insbesondere diejenigen, welche im Rahmen des Consciente-Projektes Red de Educadoras y Educadores selbst Workshops geben (das Projekt läuft in Zusammenarbeit mit der Red Alternativa Juvenil).
Die beiden Vorträge zu Beginn des Kongresses waren inspirierend und führten vielerorts zu angeregten Gesprächen unter Teilnehmenden. Miguel Ángel Ventura aus Morazán machte einen historischen Rückblick auf die Zeit vor und während des Bürgerkriegs und die dort miterlebten verschiedenen Prozesse der Organisation in Morazán, während der Kubaner Dayron Roque Lazo den etwas allgemeineren Diskurs über soziale Bewegungen Latein Amerikas anführte. Neben den fest geplanten Programmpunkten blieb auch Zeit zur persönlichen Vernetzung unter den Organisationen und zur Zerstreuung. Am zweiten Abend wurden alle Kleingruppen aufgefordert, eine künstlerische Darbietung irgendeiner Form vorzubereiten, welche dann alle mit einer Vorstellung des Theaters MOLIB und musikalischen Beiträgen zu einem gemütlichen und unterhaltsamen artistischen Abend zusammengefügt wurden. Viele Beiträge nahmen die besprochenen Thematiken auf und setzten sich auf künstlerische Weise mit den Inhalten auseinander (zum Beispiel in einem gemeinsam vorgetragenen feministischen Gedicht oder einem kurzen Theater über die Auswirkungen von Abholzung auf die Umwelt). Am letzten Tag wurden konkrete Ideen und Vorstellungen zum geplanten «Movimiento Popular de Morazán» zusammengetragen und schriftlich festgehalten. Das Organisationsteam ist momentan dabei, die verschiedenen Notizen zu systematisieren, bevor sie dann als Bericht vorgestellt werden sollen.
In der Online-Evaluation, die Consciente für alle Teilnehmenden erstellte, lässt sich das Fazit sehen: kumulierte 88% geben an, der Kongress habe ihnen insgesamt sehr gut oder gut gefallen. Auch einzeln gesehen schneiden verschiedene Aspekte des Kongresses sehr gut ab, so zum Beispiel die Inhalte, Freizeit und die Auswahl der Teilnehmenden. Etwas negativer wird die Logistik bewertet. In diesem Bereich gibt es auch einige Vorschläge zur Verbesserung. Allerdings widersprechen sich da auch manche Aussagen. Ansonsten ist auffällig, dass die Teilnehmenden mehr Vertiefung in die Thematiken, mehr Vorbereitung und mehr Konsequenz im Time Management wünschen, damit auch wirklich alle Aspekte diskutiert werden können. Das grosse Interesse an den Inhalten war spürbar und der Eindruck, den die Workshops hinterlassen haben, zeichnet sich auch schon in den Verbesserungsvorschlägen ab. So fordert ein Teilnehmer zum Beispiel, dass bei den Kursmaterialien mehr Recycling betrieben werden soll.
Wir bedanken uns herzlich beim SCI Schweiz, der dieses Projekt finanziert und unterstützt hat!
Aufruf zur Sammelaktion: Studierendenwohnheim
/in Deutsch, Stipendienprogramm/von Livia JakobLiebe Freundinnen und Freunde
Ich wende mich mit einer grossen Bitte an euch: In diesem Jahr haben wir in der Region Morazán in El Salvador ein Studierendenwohnheim eröffnet, welches Jugendlichen aus armen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglicht. Leider konnten wir bisher die Finanzierung dieses Projekts nur teilweise sicherstellen. Daher haben wir nun eine Sammelaktion gestartet, zu der ich euch herzlich einladen möchte.
Liebe Grüsse und vielen, vielen Dank für eure Solidarität mit den Jugendlichen in El Salvador,
Martina Jakob
Projektverantwortliche
STUDIERENDENWOHNHEIM | Das Projekt
Zu Jahresbeginn ist für die Jugend in Morazán endlich ein grosser Traum wahr geworden: Die „ESCUELA TECNICA“ – Morazáns erste öffentliche Hochschule – wurde eröffnet, welche technische Studiengänge in nachhaltiger Landwirtschaft, lokaler Entwicklung und ökokulturellem Tourismus anbietet. Trotz des grossen Bildungsinteresses der Jugendlichen in Morazán war die technische Hochsc
hule kurz davor, mit leeren Klassenzimmern in ihr erstes Jahr zu starten: Aufgrund von Armut und geographischer Distanz ist für die meisten Jugendlichen in Morazán eine Ausbildung ein unerreichbares Ziel. Aus diesem Grund hat unser lokales Team mit einem unglaublichen Einsatz ein neues Projekt auf die Beine gestellt: ein Studierendenwohnheim für 17 engagierte junge Frauen und Männer aus armen Verhältnissen und ländlichen Gemeinden. Ihnen wird seit Ende März Kost, Logis und ein kleines Taschengeld für die Studiengebühren geboten. Als Gegenleistung nehmen sie an unserem Workshop-Programm teil und engagieren sich gemeinsam in eigenen sozialen Projekten. So wird den Jugendlichen (und ihren Familien) nicht nur ein Ausweg aus der Armut ermöglicht, sondern sie werden auch darauf vorbereitet, in ihren Gemeinden Verantwortung zu übernehmen.
Mehr zum Projekt…
SAMMELAKTION | Studierendenwohnheim unterstützen
Um die Ausbildung dieser jungen Menschen sichern zu können, sind wir dringend auf eure Unterstützung angewiesen. Wenn sich einige Grossspenderinnen und -spender finden oder ihr alle das Projekt mit 50 – 100 CHF unterstützt, haben wir es geschafft!
Wir sind sehr dankbar, wenn ihr diesen Aufruf auch an Freunde und Bekannte weiterleitet oder uns auf Stiftungen und Unternehmen aufmerksam macht, die wir anfragen könnten.
FINANZIERUNGSFORTSCHRITT | Studierendenwohnheim
Spenden an Consciente von den Steuern abziehen
/in Deutsch, Unterstützungsverein/von Livia JakobLiebe Mitglieder, Spenderinnen und Spender
Dieses Mal wende ich mich mit ganz anderen erfreulichen Neuigkeiten an euch.
Der Kanton Bern hat unseren Antrag auf Gemeinnützigkeit rückwirkend auf den 01.01.2016 angenommen. Dies bedeutet, dass ihr eure Spenden an Consciente (seit 2016) von den Steuern abziehen könnt, solange sie 20 Prozent des Reineinkommens nicht übersteigen. Nicht als Spende zählt der Mitgliederbeitrag.
Falls ihr für die Steuererklärung 2016 noch eine Spendenbescheinigung braucht, könnt ihr uns gerne eine E-mail an info@consciente.ch schreiben. Ab nächstem Jahr werden wir die Spendenbescheinigungen immer im Januar an alle verschicken.
Ich freue mich sehr, dass wir als steuerbefreite Institution im Kanton Bern anerkannt wurden. Für Fragen stehe ich immer gerne zu Verfügung.
Liebe Grüsse
Livia Jakob
Projektbericht 1/3 | April 2017
/in Deutsch, Projektbericht/von Livia JakobLiebe Freundinnen und Freunde
Wieder waren Tina und ich zur Unterstützung der Evaluation und Planung der Projektarbeit zu Besuch in El Salvador und haben viele Fotos und Geschichten mitgebracht. Nach einem erfolgreichen Jahresabschluss ist das lokale Team voller Energie und mit neuen Projekten ins 2017 gestartet. In diesem kurzen Zwischenbericht erwartet euch ein Rückblick auf die letzten vier Monate. Die 40 neuen Stipendiatinnen und Stipendiaten, die neu eröffnete technische Hochschule in Gotera, das Gender-Umwelt-Bildungsprojekt, ein Kinderchor und nicht zuletzt die Wissenschaft sollen dabei im Zentrum stehen. Dabei werden verschiedene Beteiligte – die neue Mitarbeiterin Ana, die zukünftige Workshopleiterin Wendy, der internationale Freiwillige Sales und die neue Stipendiatin Veronica – direkt zu Wort kommen und von ihren persönlichen Herausforderungen und Erfolgen berichten.
Ich wünsche euch viel Spass beim Lesen des Berichts und bedanke mich ganz herzlich für eure Solidarität und euer Interesse! Wir würden uns freuen, wenn wir weiterhin auf eure Unterstützung zählen könnten, um jungen Menschen in El Salvador eine Perspektive bieten zu können.
Der Bericht kann hier (PDF) nachgelesen werden.
Mit lieben Grüssen,
Malin Frey
Inhalt Projektbericht 1/3 | April 2017
STIPENDIENPROGRAMM | Eröffnung StudierendenheimUnser Stipendienprogramm konnte zu Jahresbeginn fast 40 weiteren jungen Menschen aus armen Verhältnissen eine Ausbildung ermöglichen. Neu dabei sind neben 22 regulären Stipendiatinnen und Stipendiaten auch 17 Jugendliche, die Ende März in unser CONSCIENTE-Studierendenheim in Gotera eingezogen sind.
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Das Studierendenwohnheim wird eröffnet
/in Deutsch, News, Stipendienprogramm/von Livia JakobLetzte Woche sind 17 junge Menschen aus den ärmsten ländlichen Regionen des Departements in unser neu eröffnetes Studierendenwohnheim eingezogen und konnten so mit ihrer Ausbildung beginnen. Neben ihrem Studium werden die Jugendlichen an wöchentlichen Workshops teilnehmen und die üblichen 180 Stunden Sozialeinsatz leisten. Mit ihnen zählt das Stipendienprogramm nun stolze 61 Stipendiatinnen und Stipendiaten!
Kurzbeschrieb des Projektes
Das Studierendenheim soll jungen Menschen aus armen, ländlichen Gemeinden eine Ausbildung an der neu eröffneten technischen Hochschule in San Francisco Gotera ermöglichen. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten erhalten Kost und Logis in einem von uns betriebenen Internat und ein Taschengeld zur Bezahlung der Studiengebühren. Als Gegenleistung nehmen sie an einem Bildungsprogramm teil und müssen gemeinsam soziale Projekte planen und durchführen. So sollen sie darauf vorbereitet werden, ihr im Studium erworbenes Wissen zu teilen und in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen.
Eröffnung einer technischen Hochschule in Gotera
Ende letzten Jahres gab es einen grossartigen bildungspolitischen Erfolg zu verzeichnen. Eine langjährige Kampagne für tertiäre Bildung in Morazán, die CONSCIENTE gemeinsam mit lokalen Jugendorganisationen geführt hatte, war endlich erfolgreich: Ende März 2017 wurde in San Francisco Gotera, der Departementshauptstadt von Morazán, eine technische Hochschule eröffnet. Mit dieser ESCUELA TÉCNICA rückt der Traum eines Studiums für viele junge Menschen wortwörtlich näher, und zwar endlich ins eigene Departement. Die ESCUELA TÉCNICA ist eine Erweiterung der Universidad de El Salvador (UES) – der öffentlichen Universität von El Salvador, unterliegt aber einer eigenen Verwaltung. Seit März 2017 werden dort drei technische Studiengänge angeboten:
Die Studiengänge sind, basierend auf einer Studie der Universidad de El Salvador, auf die Probleme und Bedürfnisse im Departement abgestimmt. Technische Studiengänge sind insbesondere für Jugendliche aus armen Verhältnissen sehr attraktiv. Aufgrund ihrer kürzeren Dauer stellen sie eine kleinere finanzielle Last für die Familien dar und ermöglichen den Jugendlichen einen schnelleren Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Fehlplanungen von Seiten der Autoritäten
Trotz des grossen Bildungsinteresses der Jugendlichen war die technische Hochschule kurz davor, mit leeren Klassenzimmern – oder gar nicht – in ihr erstes Jahr zu starten. Ein paar Wochen vor Ablauf der Einschreibefristen war das Ziel von 60 Studierenden noch lange nicht erreicht: Viele Jugendliche wussten nichts vom neuen Bildungsangebot und auch ein technisches Studium in Gotera ist für viele junge Menschen unerreichbar. Die nach wie vor oft grossen Distanzen zwingen die Jugendlichen entweder zu zeit- und kostenaufwändigem Pendeln oder zu einer teuren und schwierigen Zimmermiete in der Kleinstadt – beides liegt für viele Familien finanziell nicht drin. Tertiäre Bildung ist damit zwar näher gerückt und erschwinglicher geworden, doch für viele sind Entfernung und Kosten noch immer zu hoch.
Infolge von bürokratischer Ineffizienz und universitätsinternen Machtkämpfen hatte sich der Ratifizierungsprozess der ESCUELA TÉCNICA stark verzögert: Erst Ende Januar – kurz vor Ablauf der Semestereinschreibefrist – wurde die Eröffnung der Hochschule bestätigt. Da zu diesem Zeitpunkt das Schuljahr bereits zu Ende war, konnte man die Jugendlichen nicht mehr direkt an den Gymnasien über das neue Bildungsangebot informieren. Damit das neue Bildungsangebot nicht ungenutzt blieb, nahm CONSCIENTE in Zusammenarbeit mit lokalen Jugendorganisationen diverser Gemeinden eine intensive Informationskampagne in Angriff. Wir besuchten alle Radio- und Fernsehsender in der Region und schickten Vertreter und Vertreterinnen in nahezu jedes Dorf, um Sitzungen mit lokalen Jugendlichen abzuhalten. Dank dieser Verbreitung von Informationen zur ESCUELA TÉCNICA und zum STUDIERENDENHEIM, konnte das Ziel von 60 Studierenden (20 pro Studiengang) erreicht werden. Knapp die Hälfte der zukünftigen Studierenden hat sich auch für ein Stipendium bei uns – entweder für einen Platz im Studierendenheim oder für ein monetäres Stipendium – beworben.
Ana Veronica Fuentes Cortéz, 23 (wohnt seit Ende März 2017 im Studierendenheim und studiert lokale Entwicklung)
“Ich heisse Ana Veronica Fuentes Cortéz und ich lerne sehr gerne. Am liebsten würde ich studieren, um meine Familie zu unterstützen, jemand zu sein im Leben, etwas für meine Gemeinde tun zu können… Leider konnte ich nach dem Gymnasium nicht weitermachen. Das ist jetzt zwei Jahre her. Ausser mir sind vier meiner Geschwister in der Schule und da reicht das Geld nicht, damit ich studieren kann. Wir leben zu zehnt in unserem Haus. Mein Vater ist Landarbeiter und meine Mutter macht den Haushalt und kümmert sich um die Kleinen. Seit meinem Schulabschluss helfe ich ihr und meinem Vater wo ich kann. Sie haben zwar immer gesagt, dass man seinen Träumen folgen soll und sich anstrengen muss, aber wenn es halt nicht geht…
Neben dem Geld ist auch die Distanz ein grosses Hindernis. Unser Haus ist sehr abgelegen. Vorher hätte ich bis nach San Miguel in den nächsten Kanton reisen müssen, um an der Uni zu studieren. Mit der Escuela Técnica liegt die nächste Hochschule in Gotera, das ist 1.5 Stunden näher. Aber auch Gotera ist weit weg. Von unserem Haus muss ich etwa eine Stunde über Trampelpfade bis zur Strasse gehen, wo der Bus fährt – vorausgesetzt, dass ich zügig laufe. Von dort nehme ich den Bus bis nach Cacaopera, das dauert eine Stunde. Von dort muss ich in den Bus nach Gotera umsteigen. Der fährt dann nochmal etwa eine halbe Stunde.
In der Regenzeit ist der Weg besonders beschwerlich. Die Wege und Strassen verwandeln sich in Schlammpisten, und sogar die Autos bleiben stecken. Der Weg bis zum Bus ist dann noch schwieriger. Und diesen Hang vor unserem Haus muss man dann ganz vorsichtig hinuntersteigen. Man muss aufpassen, dass man nicht ausrutscht und sich dreckig macht, vor allem mit Tüten oder Rucksäcken. Einmal bin ich auf dem Weg zur Schule ausgerutscht und dabei wurden alle meine Hefte mit Schlamm vollgeschmiert, obwohl ich sie in einer Plastiktüte hatte. Ich musste sie dann in der Schule saubermachen, so gut es ging. Meine Freundin hat ganz furchtbar gelacht, aber nur, weil ich sie mal ausgelacht habe, als sie auf dem Schulweg in einen Bach fiel und ganz nass wurde.
Der Bus nach Cacaopera fährt nur alle zwei Stunden. Um den ersten Bus zu erwischen, der um sechs an der Strasse losfährt, müssen wir um halb 5 Uhr früh von zuhause loslaufen. Und um abends noch nach Hause zu kommen, müssen wir um vier Uhr den Bus in Cacaopera nehmen. Wenn ich also studieren würde und nachmittags Kurse hätte, könnte ich nicht mehr nach Hause fahren.
Deshalb denke ich, dass die Casa Estudiantil eine gute Idee ist. So haben junge Menschen wie ich mehr Zugang zu Hochschulbildung, und statt viel Zeit mit der An- und Abreise zu vergeuden, können wir vielleicht in der Zeit die Hausaufgaben machen oder lernen. Das finde ich sehr gut. Auch sind wir ja dann viele Studentinnen und Studenten in dem Haus und können voneinander lernen. Vielleicht hat jemand das gleiche Studienfach wie ich und wir können uns gegenseitig helfen. Auch leben wir ja dann in einer Gemeinschaft, ein bisschen wie eine Familie. Alle kennen wir die gleichen Probleme und wollen uns weiterentwickeln. Das gefällt mir.
Da wir die vollständigen Kosten für die gesamte Projektspanne noch nicht absichern konnten, sind wir momentan noch auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten. Was den Lauf des Projektes angeht, werden wir euch auf dem Laufenden halten.
Que canten los niños… – Chorprojekt
/in Deutsch, Freiwilligenarbeitsprogramm/von Livia JakobErfahrungsbericht von Sales Hollinger
Diesen Winter verbrachte ich einen Monat als Freiwilliger bei Proyecto Consciente in San Francisco Gotera, der Hauptstadt von Morazán, El Salvador. Neben Englischkursen und sportlicher Animation für die lokalen Mitarbeitenden bestand meine Hauptaufgabe darin, ein Chorprojekt zu leiten, welches Consciente in Zusammenarbeit mit dem kantonalen Bildungsministerium auf die Beine gestellt hatte. Die Idee dieses Projektes bestand darin, den Kindern und Jugendlichen basale Theoriekenntnisse zu vermitteln und ihnen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam Chormusik zu singen.
Die Leitung dieses Projektes ging mit diversen Herausforderungen einher. Die erste Schwierigkeit war sprachlicher Natur: Die Vorstellungsrunde hatte ich noch souverän gemeistert – ich bin Freiwilliger bei Consciente, ich komme aus der Schweiz, ich mag Papayas – doch bereits beim gemeinsamen Einsingen kam ich ziemlich ins Schwitzen, da mein Alltagsspanisch Begriffe wie Zwerchfell, Stimmbänder, Obertöne, Stütze und dergleichen nicht beinhaltete – noch nicht.
Eine weitere Schwierigkeit war kultureller, oder sagen wir organisatorischer Art. Die zeitliche und örtliche Durchführung der Kurse deckte sich leider nicht immer mit der ursprünglichen Planung – jedenfalls , wenn man eine mitteleuropäische Interpretation zugrunde legte. Aber in El Salvador ist man sich gewohnt zu improvisieren und die Geduld zu wahren, und so sangen wir manchmal im Freien und bei reduzierter Besetzung, und manchmal etwas später als vorgesehen.
Musikalisch gesehen bestand die grösste Herausforderung darin, mehrstimmige Stücke zu singen. Das Grossartige am Singen im Chor ist ja, die harmonischen Schwingungen zu erleben, die sich im Zusammenspiel mit anderen Stimmen ergeben und die man selber singend miterzeugt. Diese Erfahrung wollte ich ihnen unbedingt ermöglichen. Allerdings kann in El Salvador kaum jemand Noten lesen (dafür beherrschen praktisch alle das Gitarrenspiel), und die Erarbeitung einer Stimme durch Imitation bedarf einer gewissen Geduld, derer Kinder bekanntlich entbehren. Die ideale Einstiegsform war daher der Kanon. Schon nach kurzer Zeit boten die jungen Sängerinnen und Sänger eine dreistimmige Version des “Bruder Jakob” und schienen nicht mehr aufhören zu wollen.
Zum Abschluss des Projektes durfte unser Chor ein kleines Konzert vor gut 200 ZuhörerInnen aufführen, zum grössten Teil aus Schulklassen marginaler Viertel bestehend. Dieses Ereignis hat es nicht nur ins lokale Fernsehen geschafft, sondern sich auch in tief in die Erinnerung der jungen Sängerinnen und Sänger eingegraben.
In ökonomischen Kategorien ist der Erfolg solcher Projekte schwierig zu erfassen. In El Salvador leben gut 40 % der jungen Bevölkerung in Armut, und Musikkenntnisse tragen bekanntlich nicht viel zur wirtschaftlichen Produktivitätssteigerung des Landes bei. Doch abgesehen von ihrer wohltuenden Wirkung ist die Musik eben auch Sinnstifterin, und in Anbetracht der grassierenden Jugendkriminalität bietet sie ein effektives Mittel zur Bekämpfung sozialer Verwahrlosung. Somit leistet die Musik einen wesentlichen, wenn auch unscheinbaren Beitrag zu einer besseren Gesellschaft.
„Que canten los niños, que alcen la voz,
que hagan al mundo escuchar;
que unan sus voces y lleguen al sol;
en ellos está la verdad.
que canten los niños que viven en paz
y aquellos que sufren dolor;
que canten por esos que no cantarán
porque han apagado su voz“
Genderprojekt an Gymnasien
/in Bildungsprogramm/von Livia JakobDank der Partnerschaft mit der AVINA Stiftung konnten wir Ende 2016 das Gender-Projekt an Gymnasien erfolgreich abschliessen. Hier ein Teil unseres Abschlussberichts:
JUNGE FRAUEN UND MÄNNER WURDEN ZU WORKSHOPLEITER_INNEN AUSGEBILDET
SCHULKLASSEN HABEN AN DEN GENDER-WORKSHOPS TEILGENOMMEN
JUGENDLICHE KONNTEN ERREICHT WERDEN
Kurzbeschrieb des Projektes
El Salvador und insbesondere das ländliche Departement Morazán zeichnet sich durch eine ausgeprägte Ungleichheit der Geschlechter aus: Gewalt, Unterdrückung und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen gehören in der von „machismo“ und traditionellen Rollenbildern geprägten Gesellschaft zur Tagesordnung. Das Gender-Projekt an Gymnasien hat die Jugendlichen zu einer kritischen Diskussion und Reflexion der vorherrschenden Geschlechterverhältnisse angeregt und konnte so einen kleinen Beitrag zu einer Welt leisten, in der es allen möglich ist, sich unabhängig vom Geschlecht als Mensch zu entfalten. 15 junge Frauen und Männer führten, nachdem sie in kreativ-kritischer Pädagogik und in der Gender-Thematik ausgebildet wurden, Gender- Workshops mit 92 gymnasialen Schulklassen durch.
Resultate
Im Rahmen des Genderprojekts an Gymnasien wurden 15 junge Männer und Frauen in kreativ-kritische Pädagogik (Educación Popular) und in die Genderthematik eingeführt. Dazu wurden eine Ausbildungswoche, ein dreitägiges Ausbildungs-Camp und drei Weiterbildungstage organisiert. Dank der Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium (MINED) konnten diese «Educadores Populares» jeweils zu zweit mit 92 Schulklassen an fünf Gymnasien im Departement Morazán Genderworkshops durchführen. Somit haben ca. 2400 Schülerinnen und Schüler während jeweils drei Doppelstunden über die Themen (1) «Género y Sociedad: La construcción social del género y las relaciones de poder» und (2) «Género y Sexualidad: ¿Qué es una sexualidad integral?» diskutiert und zugleich erste Erfahrungen mit kreativ-kritischen didaktischen Methoden («Educación Popular») gemacht. Ausserdem wurde an allen fünf Gymnasien eine kulturelle Abschlussveranstaltung mit einer Theateraufführung zum Thema «Gewalt gegen Frauen» und einer Diplomübergabe organisiert. Die Einsätze an den Gymnasien wurden von knapp 20 Zwischenevaluationssitzungen mit den «Educadores Populares» begleitet und mit einer Abschluss- und Evaluationsreise zur «Ruta de las Flores» abgeschlossen.
Die Perspektive der Teilnehmenden
Die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten bewerteten die Workshops fast ausschliesslich sehr positiv und bekundeten vielfach, dass die Auseinandersetzung mit der Thematik neu, spannend und lehrreich gewesen sei. Dies kommt etwa in Aussagen wie den Folgenden zum Ausdruck:
“He aprendido mucho acerca de la sexualidad, genero, poder, sexo y otros conceptos importantes que a veces nos confundimos.”
„[Estoy] feliz porque es raro que en estos tiempos vengan a darnos esta información y más que nadie la toma como se debería.“
Viele verstanden die Workshops zudem als Handlungsaufforderung für ihr alltägliches Leben, was folgende Aussagen verdeutlichen:
“Hemos aprendido mucho y considero que son unas charlas muy buenas como también que debemos dejar de un lado el machismo que hay en la sociedad actualmente.”
“Me alegra conocer más de las costumbres malas existentes en la sociedad y cuál es la razón buena de poderlas cambiar.”
Theateraufführung zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ am Abschlussevent am Gymnasium von Osicala
Die Perspektive der «Educadores Populares»
In der Abschlussbefragung brachten alle Workshopleiterinnen und -leiter zum Ausdruck, dass die Mehrheit der Jugendlichen ein grosses Interesse für die Workshop-Inhalte gezeigt hätte. Folgende Aussage verdeutlicht dies gut:
“El interés que prestaron los jóvenes fue mucho porque no conocían nada con respecto a los temas impartidos.“
Die “Educadores Populares” hatten ohne Ausnahmen den Eindruck, dass die Workshops bei vielen Jugendlichen – wenngleich nicht bei allen – eine Veränderung bewirkt hätten. Hier einige Aussagen, die dies zum Ausdruck bringen:
“La experiencia fue una de las mejores que he tenido como joven. Creo haber logrado un cambio en otros tras esta hermosa experiencia, en la cual no solo impartimos lo que nos enseñaron sino también aprendimos como trabajar en equipo con otros jóvenes y dejar nuestras diferencias para socializar con otros.”
“Pues en algunos casos al iniciar los talleres algunos no prestaron atención pero en la medida avanzaba brindaron puntos de vista y al final de los talleres les quedaron claras muchas cosas y su forma de comportarse fue diferente.”
“En cada encuentro se notó más el interés y como, paso a paso, cambiaron su forma de pensar, su forma de expresarse acerca del tema y se notó que ya no sentían pena y tomaron más confianza para preguntar y expresarse dentro del aula de clases ya que la barrera más grande es la diferencia de pensamiento…”
Ausblick
Das «Genderprojekt an den Gymnasien» war insgesamt gesehen ein riesiger Erfolg. Seine Reichweite hat jene vorangehender Projekte im Rahmen unseres Bildungsprogramms bei Weitem übertroffen. Das Genderthema hat Eingang in das Bewusstsein vieler Jugend gefunden. Eine der «Educadores Populares» meinte entsprechend:
“Fue un proyecto que ha valido mucho la pena, ha servido mucho debido a que influimos en jóvenes de la zona de Morazán, a que aprendieran y valoren la equidad de género, y a que se dejen de menos los estereotipos que se inculcan dentro de nuestra sociedad.”
Das Gender-Projekt hat aber viele Erwartungen geweckt: Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, das Bildungsministerium und insbesondere die «Educadores Populares» hoffen auf eine Fortsetzung und Ausweitung der Workshops. Das Projekt war für die Beteiligten und insbesondere auch für das Koordinationsteam eine sehr positive und lehrreiche, aber auch äusserst herausfordernde Erfahrung.
Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Genderprojekt möchten wir dieses 2017 weiterführen, anpassen und ausbauen. Zusätzlich zur Genderthematik soll neu auch das Thema «Umwelt» behandelt werden. Unser Ziel besteht darin, ein kantonales Netzwerk von 30-40 «Educadores Populares» zu schaffen, durch welches an Gymnasien und in Jugend- und Gemeindeorganisationen Workshops zu den beiden Themen durchgeführt werden. Die Wirksamkeit der Workshops soll in Zusammenarbeit mit der Universität Bern in einer «Randomized Controlled Trial»-Studie überprüft werden.