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Livia Jakob

Freiwilligeneinsatz in El Salvador mit 70

28. März 2024/in SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

 

 

Claudia Rederer (70) war Schweizer Freiwillige in El Salvador von Oktober 2023 bis März 2024. In einem eindrücklichen Erfahrungsbericht erzählt sie, was sie in El Salvador während ihrem Einsatz erlebt hat.

 

Diese Zeilen schreibe ich am letzten Tag meines Einsatzes als Freiwillige bei der Fundación Consciente in El Salvador (Ende Oktober 2023 bis Anfang März 2024). Es ist also eine Momentaufnahme und würde wohl in einigen Wochen und Monaten schon wieder anders klingen. Sie ist geprägt vom Abschliessen, Rückblicken und Abschiednehmen nach fast 5 Monaten Mitwirken und Eintauchen hier in der Fundación, in Morazán und in El Salvador.

Bleiben wird – dessen bin ich mir sicher – dass es eine tiefgehende, wunderbare und sehr wichtige Erfahrung gewesen ist für mich und ich zutiefst dankbar bin dafür. 

 

Ich wollte mir zum 70. Geburtstag einen langjährigen Traum erfüllen und einen Auslandseinsatz in einem sinnvollen Projekt machen. Nach dem Motto «Wenn nicht jetzt, wann dann…?».Mein Wunsch war, nochmals ganz in eine andere Kultur einzutauchen und möglichst viel Alltag zu erleben. Ausserdem wollte ich erfahren, wie es ist, in einer anderen Organisation zu arbeiten. Ich wollte Neues lernen und auch herausfinden, was ich mit meiner Art und Erfahrung beitragen kann. Ich kann’s schon vorwegnehmen: Diese Wünsche haben sich beim Einsatz bei Consciente voll und ganz erfüllt!

Am Anfang meiner Recherchen über Freiwilligenarbeit im Ausland war ich überwältigt von der Menge und sehr unterschiedlichen Qualität der Einsatzmöglichkeiten und fragte mich, wo ich wohl am besten landen würde. Im Kontakt mit SCI (Service Civil International) sprang dann der Funke sofort, als mir die Verantwortliche das «Projekt Consciente» ans und ins Herz legte. Das Projekt, seine offensichtliche Qualität und die Website gefielen mir sofort. Zuerst aber der Schreck: «Aber doch nicht nach El Salvador!…». Hohe Mordraten, Gefahr, Tropenklima, langer Flug, komplizierte Anreise – mehr wusste ich nicht darüber. 

Gleichzeitig spürte ich, dass mich etwas zu diesem Projekt hinzog und ich beschloss, diese voreiligen Bilder und Annahmen besser abzuklären. Sie lösten sich dann im Laufe meiner Nachforschungen und des Kennenlernens genügend auf, so dass ich den “Gump” wagen wollte. Offen war noch die Frage nach meinen möglichen Einsatzgebieten als Psychologin/Psychotherapeutin. Ich konnte mir nicht recht vorstellen, was ich als Nicht-Lehrerin in diesem Bildungsprogramm beitragen sollte. Ein Telefonat mit Chendo, dem Direktor vor Ort, zeigte mir dann auf, dass er spannende Einsatzmöglichkeiten für mich in allen drei Teilprogrammen von Consciente sah.

So nahm dieses Sabbatical Form an und ich spürte eine tiefe Freude, da ich dran war, diesen Lebenstraum zu verwirklichen. In mir waren nur noch Mut, Vorfreude und Klarheit sowie Respekt vor dem Unbekannten – aber keine Angst.

Gleichzeitig wusste ich aber auch: In meinem Alter und mit nicht ganz stabiler Gesundheit brauche ich genügend Anpassungs- und Übergangszeit, um diesen grossen Wechsel von Zeitzonen, Klima und Lebensweise zu bewältigen. So war mir klar, dass ich sowohl am Anfang als auch am Ende meines Halbjahres genügend Zeit einplanen wollte, um anzukommen, mich anzugewöhnen – und dann den Übergang am Schluss auch wieder sorgfältig machen zu können. Das ist gelungen: Mit drei Wochen Sprachaufenthalt am Anfang – und nun zum Schluss zwei Wochen des Seins und Reisens.

Ich bereitete die (rechtzeitig angekündigte) Pause in meiner psychotherapeutischen Praxis vor, machte die notwendigen medizinischen Abklärungen und Vorkehrungen und nahm Abschied von meinen Enkelkindern, erwachsenen Kindern, meinem Partner und meinen Freund:innen. Ende September stieg ich seit Langem wieder in ein Flugzeug und die lange innere und äussere Reise konnte beginnen.

In der dritten Oktoberwoche startete ich – nach drei Wochen an der Küste, wo ich mit einem Sprachlehrer in El Zonte mein Spanisch aufpeppte – dann die nächste Reise in eine nochmals andere Welt: nach Morazán und Gotera. Wohnen würde ich als erste Freiwillige privat, bei einer Arbeitskollegin von Consciente – auf meinen Wunsch und weil keine andere Möglichkeit zur Verfügung stand. Mein Wohnort Osicala ist ca. eine halbe Busstunde von Gotera entfernt und in den letzten Monaten zu meinem salvadorianischen Zuhause geworden.

Im Team von Consciente fühlte ich mich von Anfang an willkommen und getragen und erlebte viel Freundlichkeit. Ich war froh über die erste Woche, in der ich auf einige Besuche in Schulen und an Anlässe mitgehen konnte, denn nachher war das Schuljahr zu Ende. Die Offenheit und Freude im Team von Consciente, unsere Zusammenarbeit sowie ihr Engagement und ihr Mut in ihrer Arbeit sind der stärkste Eindruck meines Aufenthaltes – sozusagen das Kernstück.

Die Situation für eine Freiwillige ist sehr angenehm und lässt viel Handlungsspielraum zu. Sie erfordert gleichzeitig viel Selbstständigkeit und eigene Ideen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Die Initiative, wie und wo ich tätig sein wollte und konnte, musste von mir kommen. Dieses gewisse «Vakuum» am Anfang war herausfordernd. Im Gespräch mit einigen der Kolleg:innen hier schälten sich dann nach und nach Einsatzmöglichkeiten heraus, die ich über die Monate zusammen mit ihnen entwickeln und umsetzen konnte.

Dazu gehörte unter anderem die Teilnahme an den Selektionsgesprächen und diversen Veranstaltungen für die Stipendiat:innen, die Mit-Organisation von zwei Teamtagen mit dem Thema «Salud Mental», die Organisation und Durchführung eines Frauentags unter dem Motto «Selbstfürsorge» sowie eines Ausbildungstags für die Junglehrer:innen im Programm Inovación Educativa zum Thema «Trauma y Escuela». Ebenso entwickelte ich eine Projektskizze zum Umgang mit Traumata im persönlichen und geschichtlichen Kontext als mögliches neues Angebot von Consciente. Es war überraschend und befriedigend festzustellen: Ich kann hier so ziemlich alles brauchen, was ich als ehemalige Projektleiterin und -entwicklerin bei HEKS, Psychologin, Traumatherapeutin und Frau gelernt habe.

Speziell freut mich zum Abschluss, dass ich mit allen drei Programmen von Consciente sowie der Fundación als Ganzes Aktivitäten entwickeln und durchführen konnte und mit fast allen Teammitgliedern eine Zusammenarbeit erlebt habe. Dabei haben wir, wie mir scheint, immer 1+1=3 gemacht: Wir haben einander zugehört und nachgefragt. So ergaben ihre Erfahrungen und Kenntnisse zusammen mit meinen etwas Drittes, Neues. Dies entwickelte sich zu gegenseitig bereichernden und anregenden „Produkten“. Auch konnte ich dadurch Einblick in fast den gesamten Tätigkeitsbereich von Consciente gewinnen.

Die Frage, was einen Freiwilligeneinsatz sinnvoll macht, begleitete mich vor und während meines Aufenthalts. Was ich genau beitragen konnte respektive was der Gewinn für die Organisation Consciente ist, haben mir meine Kolleg:innen hier in diesen Tagen des Abschieds und Rückmeldens auf sehr wertschätzende und  liebevolle Art beantwortet. Sie haben meine Erfahrung, meine Aussensicht und meine Art als sehr bereichernd und hilfreich empfunden. Das freut mich natürlich sehr und bestärkt mich in meinem guten Gefühl über diesen Einsatz.

Sicher ist, dass ICH sehr viel gelernt und viele neue Einblicke gewonnen habe und tatsächlich ganz in diese so andere Welt eintauchen konnte.

Vieles verstand ich nicht oder erst nach einer Weile (auch sprachlich, der Oriente-Akzent hier kostete mich einiges…), täglich tauchten neue Gedanken und Fragen auf – aber hier und da auch ein Aha! 

Mitnehmen darf ich nun einen ganzen Sack voll Freude und Erfüllung! Was davon bleibend ist, kann ich erst in einigen Wochen und Monaten sagen. Mit meinen Erfahrungen hier werde ich in die Schweiz zurückkehren und einen anderen Blick auf El Salvador vermitteln können.

Am wichtigsten sind viele kleine Begegnungen und Erlebnisse, welche den Alltag hier ausgemacht haben, sei es im Team von Consciente, in meiner Wohnsituation oder einfach auf der Strasse. Die haben mein Herz oft tief berührt und mich hier sehr glücklich, erfüllt und gesund sein lassen. 

 

Dafür allen aus tiefem Herzen ganz grossen Dank!

Claudia Rederer, Schweiz, Freiwilligeneinsatz 23. Oktober 2023 bis 8. März 2024

Gotera, 8. März 2024

 

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Livia Jakob

Menschen und Momente: Ein Freiwilligeneinsatz in El Salvador

28. März 2024/in SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

 

Claudia Rederer (70) war Schweizer Freiwillige in El Salvador von Oktober 2023 bis März 2024. In einem eindrücklichen Bericht erzählt sie, von Menschen und Momenten während ihrem Einsatz.

 

In diesem Bericht möchte ich vor allem die Menschen ins Zentrum stellen, die meine Erfahrung so reich und dieses Land so schön machen. So vieles ist ziemlich übel hier und wäre kaum aushaltbar, wenn die Menschen nicht so herzlich wären, mir nicht dieses viele Lachen und diese innigen Umarmungen schenken würden und ich mich mit ihnen nicht so wohlfühlen könnte!

Menschen… da sehe und höre ich als erstes… 

– die Tortilla-Verkäuferinnen, die vor allem am Morgen und am Abend ihre Stände am Strassenrand aufbauen und laufend frische Tortillas formen und backen. Die Geschwindigkeit, mit der sie die runden Dinger perfekt formen (in der Luft) ist atemberaubend. Und das Geräusch des Flachklopfens zwischen den Handballen. Das würde ich inzwischen überall erkennen und werd’s sehr vermissen.

Das gleiche gilt für… 

– die Pupusa-Verkäuferinnen, die eine Art gefüllte Tortillas herstellen und immer frisch zubereiten. Ein Hochgenuss! Auch hier arbeitet ein Heer von Frauen (mindestens aber auf eigene Rechnung!) an der Grundversorgung im Land – denn ohne Maistortillas und Pupusas geht hier gar nichts. Ich habe meinen Bedarf inzwischen auch auf ca. 3 bis 4 Tortillas pro Tag erhöht und geniesse diese glutenfreie Verpflegung mit Vergnügen und bei weiterhin guter Gesundheit!

 

So wie ich bis jetzt nie einen Mann bei der Herstellung von Tortillas und Pupusas gesehen habe, begegnete mir auch nie eine Bus-Chauffeuse oder Geldeinzieherin. Diese Berufe sind fest in Männerhand:

– die Cobradores in den Bussen sind viel mehr als Geldeinzieher (Billette gibt es keine); sie helfen oft auch beim Ein- und Aussteigen, sind Gepäckträger, Auskunftspersonen, Transporteure von Waren (welche dann irgendwo einer Person am Strassenrand ausgehändigt werden), haben die verschiedenen Fahrpreise im Kopf und das Münz fürs Rückgeld in einem kleinen Säckli am Unterarm – sie können schnell rechnen.

Am Faszinierendsten ist für mich, wie sie die Chauffeure dirigieren; da gibt es ein ganzes System von Geräuschen, Pfiffen, Rufen und Bewegungen, die dem Chauffeur vorne signalisieren, was er machen muss: Aufs Blech klopfen heisst anhalten, Pfeifen heisst wieder losfahren, und diverse Ausrufe dirigieren den Bus durch den Verkehr. Auf der Strasse rufen sie laut das Ziel des Busses aus und versuchen möglichst viele Leute reinzubekommen, da die Chauffeure oft auf eigene Rechnung arbeiten. Im vollen Bus drin machen sie dann effizientes crowd management, sagen manchmal sehr resolut, wenn jemand noch ein paar Zentimeter vorrücken oder den Rucksack ausziehen soll, sind aber meist freundlich und haben oft auch viel Humor, wenn gar nichts mehr geht. 

Sie sind also die eigentlichen Chefs im Bus, aber natürlich braucht es auch…

– die Bus-Chauffeure, welche die fröhlich-farbig bemalten Busse – meist alte “school buses” aus den USA – durch den Verkehr lenken und zum Teil über weite Strecken und abenteuerliche Strassen holpern. Sie sind oft die besten Auskunftspersonen, wenn es darum geht, Infos über Routen, Fahrzeiten, Fahrplan (oder zumindest ca.-Zeiten) zu bekommen. “Gschmuch” wird’s mir nur, wenn sie gleichzeitig am Telefon sind… aber all die Bibelsprüche an den Wänden helfen sicher….

Im Bus drin geht das Menschenkaleidoskop gerade weiter. Da sind…

– die alten Männer mit ihren schönen Hüten und oft ganz zerfurchten Gesichtern;

– die Frauen mit ihren langen Haaren, meist kunstvoll geflochten, am Morgen oft noch nass vom täglichen Waschen, alle sehr dunkle, dichte Haare – ein Blondschopf fällt sofort auf und ist allermeistens gefärbt;

– oder auch die vielen Frauen mit den weissen Spitzenschleiern auf dem Kopf, die damit ihre Zugehörigkeit zu evangelikalen Kirchen ausdrücken;

– die vielen verschiedenen Gesichter, die von indigener und spanischer Abstammung sprechen;

– die Mittelschüler:innen, die beige Röcke oder Hosen tragen, mit weisser Bluse oder Hemd, die Frauen weisse Strumpfhosen zum Rock;

– die Uni-Student:innen, die schon etwas häufiger eigene Kleider anziehen dürfen und am liebsten völlig zerlöcherte Jeans und Glitzer-T-Shirts tragen. Viele davon sind mit Stipendien an der Uni oder einer Art Fachhochschule und können sich nur so den Traum vom Studium erfüllen. 

Und ALLE sind permanent und non-stop am Telefon, oft mit lautstarken Videos oder Telefonaten.

 

Durch die Menge drängen sich…

– die Verkäuferinnen von Süssigkeiten, Esswaren, Tamales, Getränken oder wer auch immer gerade aussteigen muss.

– die Anpreiser:innen von Medikamenten, Telefonzubehör, Taschenlampen, zum Teil mit guten Marketing-Strategien und alles natürlich mit Spezialangeboten. Ich staune immer wieder, dass die Leute kaufen. Habe aber auch schon eine wiederaufladbare Taschenlampe gekauft (wie praktisch alles hier „Made in China“) und sie funktioniert tipptopp. 😉

Tief eindrücklich ist für mich hier, wie die meisten dieser Menschen unermüdlich versuchen, in diesem informellen Wirtschaftssektor über die Runden zu kommen – und jeder Centavo zählt dabei. Umso katastrophaler, dass der Staat nun auch von ihnen Steuern einziehen will.

Auch auf dem Markt in Osicala (meinem Wohnort) heute habe ich die Menschen nochmals von Herzen genossen: 

– die alte Bananenverkäuferin Mercedes vom Berg oben, die auch feine Trinkschokolade herstellt und Kaffee verkauft;

– der Gemüsemann Levi, auch vom Berg oben, mit seinen lokalen Produkten;

– das Käseverkäufer-Paar aus Gotera. Der Käse ist erstaunlich teuer (ein Pfund kostet 6 Dollar), hat verschiedene Reifegrade, alle weiss. Der mit Chili ist unser Lieblingskäse.

Wir haben uns alle umarmt und etwas geweint, als ich sagen musste und wollte, dass ich sie wahrscheinlich nicht mehr sehen würde, da heute mein letzter Sonntagsmarkt sei…. Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wo ich herkomme oder hingehe. Am ehesten können sie noch die USA orten, da zwei Millionen Salvadorianer:innen dort wohnen (und ca. 6.5 Millionen im Land hier, Grösse etwa wie die Schweiz). «Suiza» ist einfach extrem weit weg und sicher ist es dort immer eiskalt (“helado”)… Dass wir keine Tortillas haben und auch sonst anders essen wie sie, versetzt sie noch am ehesten ins Staunen.

– Der zahnlose alte Casimiro war heute nicht auf dem Markt, wegen „einem bösen Bein“ und den Wahlen, aber ich habe nachher den Bus zu ihm genommen, um meine Hängematte von ihm abzuholen. Ein Prachtsstück! Ich hoffe, dass ich darin immer wieder die Ruhe und Leichtigkeit finden werde, die ich hier oft habe. Sie wird einen grossen Platz im Koffer einnehmen.

Da sind auch noch… 

– die Atolverkäuferin Emma, die wie viele ältere Frauen hier Format, Sicherheit und Stärke ausstrahlt und recht bestimmt ist (Kriegsgeneration?). Atol ist eine Art heisses Maizenagetränk mit verschiedenen Aromen und war oft ein halbes Nachtessen, wenn ich müde vom Bus kam. Inzwischen ist es mir zu heiss dafür, aber ich werde Atol, Emma und ihren veritablen Dorftreffpunkt am Park sehr vermissen;

– die Verkäuferin an der Kasse im „Super“, dem Supermarkt, die schnell wusste, dass ich keine Plastiksäcke wollte und andere entsprechend instruierte – leider hat mein Beispiel aber glaube ich niemanden angesteckt…;

– all die Menschen, denen mich meine Wohnpartnerin und Arbeitskollegin Aracely vorgestellt hat, die meisten irgendwie mit ihr verwandt oder befreundet und entsprechend ständig auf dem Laufenden was ich hier alles so mache, wo ich hingereist bin, was ich esse, etc. 😉 

Viele kennen mich hier, ohne dass ich sie auch näher kenne. Der Kübelmann im Park fragte mich vorgestern, wo ich jeden Morgen auch so früh hingehe – und hat dann wie alle sehr freudig reagiert, als ich sagte, ich ginge auf den Bus nach Gotera, an meine Arbeit als voluntaria bei „Consciente“. 

Ich falle als „La Gringa“ auf, denn ich sehe anders aus, bin anders angezogen – und ihre Welt ist klein. Immer aber kommen die Beobachtungen und Fragen mit Wohlwollen, Herzlichkeit und angenehmer Neugierde und sind drum nie lästig, einfach oft überraschend für mich.

 

Das bringt mich zu…

– den Teammitgliedern in der Fundación Consciente. Mit allen ca. 25 habe ich irgendeinen Kontakt, eine nähere oder distanziertere Arbeitsbeziehung, mit vielen direkte und sehr gute Zusammenarbeit erfahren, mit wenigen etwas privatere Gespräche oder Zusammensein erlebt, so etwa im wunderschönen Camping-Ausflug auf einen Vulkan und ans Meer.  

Sie sind alle sehr freundlich, umarmen mich oft, bleiben aber für mich eine manchmal etwas verwirrliche Mischung aus Nähe und Distanz in ihrem Umgang miteinander und mit mir. 

Speziell freut mich zum Abschluss, dass ich mit allen drei Programmen sowie der Fundación als Ganzer Aktivitäten entwickeln und durchführen konnte und damit auch mit fast allen Teammitgliedern eine Zusammenarbeit erlebt habe. Auch habe ich so Einblick in fast den gesamten Tätigkeitsbereich von Consciente gewonnen. 

Der grosse Altersunterschied zu mir als über 70-Jährigen war nie ein Thema oder schwierig, zumindest nicht ausgesprochen, und ich habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt. Ich spüre von allen so viel Wohlwollen und Freude über mein Hiersein und Mitarbeiten, und der Abschied fällt uns schwer.

 

… und zum Schluss zu meinem zentralsten Kreis hier:

– Aracely, meine 25-jährige Wohnpartnerin und Arbeitskollegin und ihr Sohn Cris. Wir haben uns in den fast fünf Monaten gut zusammengerauft, finde ich, alle eine grosse Anpassungsleistung vollbracht und viel voneinander gelernt. Geholfen hat, dass wir uns alle gern bekommen haben!

Es ist eine Herausforderung gewesen, in diesem oft sehr unruhigen System zu leben, aber es hat sich gelohnt, dies zu wagen und beizubehalten, finde ich. Auch hier wird der Abschied heftig sein, für alle.

Es gibt noch viele kleine und grössere Begegnungen, auch unterwegs, die für mich dieses Land und meine Zeit hier ausmachen. Es sind immer die Menschen und die Begegnungen, die am meisten zählen.

Und das gleiche gilt sicher auch fürs Heimkommen. Es werden all die Wiederbegegnungen mit Familie und Freund:innen sein, die zählen und mir den Übergang in die wieder so andere Welt erleichtern werden!

Alles ist in Bewegung, in mir, in den Prozessen, in der Wahrnehmung. Immer spannend, meist erfrischend, hier und da ermüdend und sehr, sehr reich, alles gleichzeitig!

Ich kann oft immer noch nicht glauben, dass ich dies alles erleben darf und bin einfach immer wieder zutiefst dankbar für dieses Geschenk an mich selbst. Denn DAS, das ist viel einfacher zu beschreiben: Diese Erfahrung ist ein Riesengewinn für mich selbst. Obwohl ich inzwischen klarer sehe, was ich beitrage, empfinde es oft immer noch so, dass ich mehr bekomme als gebe.

Claudia Rederer, Schweiz, Freiwilligeneinsatz 23. Oktober 2023 bis 8. März 2024

Gotera, 8. März 2024

 

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Martina Jakob

Danke für die tolle Arbeit, Johannes!

29. Juni 2023/in CAL-IMPACT, News, QUEST, SCI Freiwilligeneinsatz/von Martina Jakob

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Johannes, der Consciente in den letzten Jahren bedeutend mitgestaltet hat und nun aus dem Vorstand zurückgetreten ist. Johannes hat 2019 einen Freiwilligeneinsatz in El Salvador geleistet und ist anschliessend im Schweizer Unterstützungsverein aktiv geworden. Dabei hat er insbesondere die Leitung des damals jungen Programms für Bildungsinnovation übernommen. Dank seines unglaublichen Engagements und seiner herausragenden Kompetenzen ist es in den letzten Jahren gelungen, diese neue Initiative in ein langfristig orientiertes und inhaltlich fundiertes Programm mit grosser Wirkung zu verwandeln, das finanziell auf soliden Beinen steht.

Herzlichen Dank für deine hervorragende Arbeit und alles Gute bei deiner Dissertation, Johannes! Wir werden dich vermissen und du bist jederzeit wieder willkommen bei Consciente.

 

Como pieza de un rompecabezas…

Agradecimiento a Johannes por su entrega a Consciente, de Alonzo Solís

L a vida solo tiene sentido si durante nuestro trayecto por el mundo tenemos una razón por la cual existir, una razón con tanto peso que, al momento de recordarnos, puedan identificar ese legado que hemos dejado, y más importante aún, si es cambiar de manera positiva las vidas de personas.

De manera especial, queremos hacer visible ese legado que Johannes ha dejado para Consciente, porque su amor por el voluntariado le permitió construir junto con todo el equipo, iniciativas innovadoras para la niñez de nuestro país El Salvador. El dedicar horas a esta causa, es como se ha logrado que más niñas y niños puedan hacer realidad su aprendizaje en los centros educativos, quienes ahora ven interesante la matemática, ven la importancia de tener una estabilidad emocional para la salud mental y pueden descubrir las maravillas que ofrece el leer y escribir. Aunque este esfuerzo no haya sido monetario, llevará en su vida el mayor tesoro que nadie puede obtener con solo pedirlo, sino que se obtiene con el amor que tengamos en construir un mundo mejor: el agradecimiento.

Cada persona que forma parte de este voluntariado y pone su mirada en El Salvador es como una pieza de un rompecabezas, una pieza fundamental que hará que la imagen que se forme solo tenga sentido si esa pieza está ahí. Johannes ha sido esa pieza, pero tenemos claro que el pausar su trabajo en Consciente ha dejado esa inspiración para que alguien más siga construyendo esperanza.

En nombre del equipo de El Salvador le damos las gracias por su tiempo y por su dedicación al Programa de Innovación Educativa. Esperamos que, en un futuro no muy lejano, podamos verlo nuevamente en nuestro equipo. Le deseamos el mayor de los éxitos en sus proyectos personales, porque la recompensa se verá reflejada en el logro de sus metas.

Recuerde cada sonrisa de las niñas y los niños, esas sonrisas que son generadas porque ven su proceso educativo diferente y con sentido para su vida. Que este recuerdo le siga inspirando en esta aventura llamada vida…

 

Livia Jakob

Das Mädchen und das Geschenk – Bericht von Tania, Freiwillige aus der Schweiz

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Tania Porto (aus der Schweiz), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Sales Hollinger


Stellt euch ein Mädchen vor, das ein Geschenk vor sich hat und es jeden Augenblick öffnen wird. Das Glück, die Ungewissheit und die Neugier, die sie empfindet – das ist es, was auch ich empfand, als ich allein am Flughafen vor einer Anzeigetafel stand, auf der stand: Destination El Salvador.

Umarmungen…

Es war das erste Mal, dass ich „el charco“ überquerte; das erste Mal, dass ich allein reiste und das erste Mal, dass ich in ein anderes soziales Umfeld eintauchte. Aber die Angst vor all diesen „ersten Malen“ verschwand mit jeder Umarmung, die mir die Menschen gaben, denen ich auf dem Weg begegnete. Wenn sich die Menschen in El Salvador vorstellen, dann umarmen sie dich so herzlich, dass du dich voll und ganz willkommen fühlst – es ist wunderschön.

Während meiner ersten Woche bei Consciente erhielt ich unzählige solcher Umarmungen, die mich jeden Tag mehr wie zu Hause fühlen liessen. Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass Consciente nicht nur ein Büro ist – es ist ein Zuhause für seine Mitarbeitenden, die sich mit Körper und Seele für sozialen Wandel einsetzen, sowie für all jene jungen Menschen, die einen sicheren Ort gefunden haben, an dem sie Freude, Ängste und Träume teilen können. Wie in jedem Haus wohnte auch bei Consciente eine Familie, die mich von Beginn weg mit Liebe und Vertrauen aufnahm.

   

Erschaffen…

Ich hatte mir bereits vor der Reise einige Gedanken gemacht, doch die Realität lehrte mich: Was wir hier für notwendig halten, ist nicht zwingend etwas, das sie dort ebenfalls brauchen. Deshalb änderte ich meine Pläne und verbrachte die ersten Wochen damit, die Jugendlichen bei ihren Aktivitäten zu begleiten, zu beobachten und mit ihnen zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich auch den Einflusses, den Consciente auf die Jugendlichen hatte: das kritische Bewusstsein gegenüber patriarchalen Strukturen, die Sensibilität für die Umwelt oder das Engagement in der Gemeindearbeit. Das sind Dinge, die sich nicht messen und in einem Bericht festhalten lassen, aber sie sind da und haben enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Was mir an Consciente am meisten gefällt, ist, dass sich das Handeln stets an Nachhaltigkeit orientiert: Es wird Autonomie geschaffen, nicht Abhängigkeit. So hinterlassen die Projekte bleibende Spuren, wie ich am eigenen Leib erfahren durfte.

Es wurde bald klar, dass ich Teil des Programms für Nachhaltigkeitsbildung sein wollte. Dabei handelt es sich um mehr als ein blosses Bildungsprogramm – es ist eine Lebensweise des Hinterfragens, der Reflexion sowie des Schaffens von Werkzeugen zur kritischen Analyse und anschliessenden Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse.

Nachdem wir uns mit den Jugendlichen darüber ausgetauscht hatten, organisierte ich mit einem Kollegen einen intensiven Workshop zum Thema „Strategien der Organisation“. Ziel war es, den Jugendlichen des „Red de Educadores Populares“ – eines Netzwerks von jungen Freiwilligen –Werkzeuge an die Hand zu geben, damit sie effektiver arbeiten und durch ihre Bildungsarbeit einen nachhaltigeren Einfluss auf die Gemeinschaft erzielen können. Im Zentrum standen dabei eine strategische Planung, Organisations-prozesse sowie Methoden der Kommunikation und der Persönlichkeits-entwicklung.

Diese jungen Freiwilligen sind bewundernswert: Ihre Fähigkeit, Wissen zu schaffen und zu teilen, ist erstaunlich. Sie sind wie Schwämme, die Informationen aufsaugen, aber gleichzeitig nach ihren Bedürfnissen und Interessen gestalten – und genau das ist es, was dieses Programm so schön macht: dass es diesen unverzichtbaren Prozess des autonomen Wachstums ermöglicht. Die Selbstständigkeit, mit der diese Jugendlichen sich die nötigen Werkzeuge aneigneten und sie kreativ einsetzten, war während der kurzen Zeit der Zusammenarbeit deutlich spürbar.

Frauensache…

Die Realität einer Frau in El Salvador ist nicht dieselbe wie jene eines Mannes. Meine männlichen Kollegen hatten keine Angst, alleine mit dem Bus zu reisen. Ebensowenig mussten sie darüber nachdenken, wie „frau“ sich kleidet, um einen Ausflug in ländlichere und konservativere Gegenden zu machen; was „frau“ trägt, wenn sie an den Strand gehen möchte; wie sie sich gegenüber unangebrachten „Komplimenten“ auf der Strasse verhält; ob „frau“ ein Bier in der Öffentlichkeit trinken soll oder nicht; usw.

Abgesehen davon, dass ich eine Frau bin, sind meine Haare blond gefärbt (oder „weiss“, wie man in El Salvador sagt) und ich bin tätowiert. Manchmal fand ich mich in unbequemen Situationen wieder, in denen ich gerne unsichtbar gewesen wäre. Bei alltäglichen Dingen wie dem Anstehen im Supermarkt stehst du ständig im Mittelpunkt, denn du bist nun mal „anders“. Schliesslich musste ich lernen, diese Situationen einzuordnen und mich den patriarchalischen Strukturen zu stellen, die mich unter Druck setzten.

Doch erfährt eine Europäerin diese Ungleichheit noch immer anders als eine Salvadorianerin. Als Feministin habe ich erkannt, dass unsere „europäischen Bewegungen“ manchmal andere Arten von Kämpfen schlicht ignorieren, da wir sie bereits für ausgefochten halten. Die Diskussion des Feminismus mit meinen salvadorianischen Kolleginnen war jedenfalls sehr bereichernd.

Am 8. März, dem internationaler Frauentag, hatte ich die Gelegenheit, einen Ort namens „Ciudad Mujer“ (Frauenstadt) zu besuchen. Dort wird ein Programm zur ganzheitlichen Betreuung (medizinische Versorgung, wirtschaftliche Selbstständigkeit, etc.) von Frauen entwickelt, die an geschlechtsspezifischer Gewalt leiden. An jenem Tag konnte ich diesen Raum mit den Frauen teilen und bekam so die Gelegenheit, einen Einblick in ihre Erfahrungen zu erhalten. Die Geschichten, die ich hörte, machten mich fassungslos angesichts der Ängste und der Ungerechtigkeiten, die diesen Frauen widerfahren sind. Aber sie hinterliessen auch viel Bewunderung für ihre Widerstandsfähigkeit und Ausdauer.

Diese Erfahrungen stärkten mein Bewusstsein für die gesellschaftliche Bedeutung von Bildungsprogrammen wie demjenigen zur „Educación Popular“ von Consciente.

Farben…

El Salvador ist in kostbare Farben gehüllt. Die Landschaften sind bildschön und die Aussichtspunkte rauben dir für Sekunden den Atem. Die Stimmungen El Salvadors sind einzigartig – seine Vulkane, seine Musik und seine Menschen. Es faszinierte mich, mit einem Fresco (lokales Getränk auf Fruchtbasis) in der Hand durch den Markt zu schlendern und die Verkäufer von Kunsthandwerk zu beobachten oder die Frauen, die Tortillas und Puppen vor ihren Häusern zubereiten. Oder mit der Obsthändlerin zu sprechen und der Frau zuhören, die den schweren Eimer Gemüse auf dem Kopf trägt. Manchmal wurde diese Stimmung durch ein Militärfahrzeug unterbrochen, in dem bewaffnete Männer mit verhüllten Gesichtern Kontrollen durchführten, sogar vor Kindergärten. Manchmal packte ein junges Mädchen plötzlich meine Hand und bettelte mit Tränen in den Augen. Zu anderen Zeiten sah ich eine ältere Frau, die, um irgendwie über die Runden zu kommen, Taschen verkaufte, die sie auf dem Boden gefunden hatte. Es war nicht immer einfach, mit dem Kontrast zwischen der Schönheit und Einzigartigkeit dieses Landes und seiner schwierigen sozialen Realität umzugehen.

       

Die Farben El Salvadors werden von seiner kriegerischen Vergangenheit überschattet, die sich in den Gesichtern der Menschen widerspiegelt und in ihrer Art, nach einem besseren Leben zu streben. Manchmal war ich so eingenommen von der Schönheit dieses Landes, dass ich seine Geschichte vergass. Und ich glaube, dass ich dort ein Werkzeug gefunden habe, um gemeinsam zu lernen: Während ich sie an die Schönheit ihres Landes erinnerte, die für sie alltäglich und damit unauffällig geworden war, unterrichteten sie mich über die historischen Ereignisse El Salvadors – eines Landes, dessen Geschichte ich nicht kannte, an der ich als Europäerin wegen unserer kolonialen Vergangenheit aber ebenfalls in einem gewissen Sinne teilhabe.

Reflexionen…

In einer der Schulen, die ich besuchte, gab es ein Schild mit der Aufschrift: „Die Menschen sind nicht arm wegen ihrer Art zu leben, sondern wegen ihrer Art zu denken.“ El Salvador verfügt über einen grossen Reichtum an materiellen und personellen Ressourcen, doch das Problem sind die Ausbeutung und die Machtstrukturen, die in diesem Land bestehen. Und unter Machtstrukturen verstehe ich sowohl diejenigen, deren Ursprung in den gesellschaftlichen Entwicklungen des Landes selber zu suchen ist als auch jene, die wir im Zusammenhang mit unserer kolonialen Vergangenheit geschaffen haben.

Meine Position innerhalb dieser Machtstruktur war der grösste Kampf, den ich während meines Aufenthalts zu bestreiten hatte, sowohl persönlich als auch beruflich: Welche Rolle spiele ich in dieser Gesellschaft? Weshalb kommen wir von aussen „zu Hilfe“? Wie positioniere ich mich in Bezug auf die sozialen Situationen, die ich beobachte?

Wir führten nächtelange Diskussionen, in denen wir über weisse Vorherrschaft, «Malinchismo», Kolonialismus und dergleichen sprachen. Das waren äusserst wichtige Debatten, und ich denke, dass jede/r Freiwillige über diese Dinge nachdenken sollte, bevor sie oder er hierher kommt. Der Wandel manifestiert sich auch in meiner eigenen Sprache. So sage ich nicht mehr, dass ich freiwillig „helfe“ – vielmehr komme ich, um einen kulturellen Austausch durchzuführen. Dabei sind wir nicht etwa Trägerinnen des Wissens, sondern – wie es die Educación Popular lehrt – Teilnehmende eines egalitären Prozesses, in dem Wissen geschaffen und geteilt wird.

 

Das Mädchen und das Geschenk…

Das Mädchen, das ich euch am Anfang vorgestellt hatte, hat nun, nach ihrer Rückkehr, ihr Geschenk geöffnet und in ihm eine Welt namens El Salvador gefunden – voller Liebe, Freundschaft, Kampf, Erkenntnisse, Schönheit und Bewegung. Werte, die mein Sein und meinen zukünftigen Weg geprägt haben bzw. prägen werden. Ich bin dankbar für das Vertrauen und die Lehren, die die Menschen von Consciente in El Salvador sowie in der Schweiz mit mir geteilt haben und natürlich dafür, dass sie mir die Freiheit gegeben haben, mich auf diesem Weg voller Herausforderungen selber zu entfalten. Ich bin all jenen dankbar, die sich die Zeit genommen haben, mir die Schönheit des Landes, seine Geschichte, seine Tränen, seine Zukunftsvisionen zu zeigen. Vor allem möchte ich mich bei den Jugendlichen bedanken, die mich bei meinen Workshops begleitet haben. Sie liessen mich an ihrem Alltag teilhaben und gaben mir dabei viele Lektionen fürs Leben, viel Glück, die Hoffnung auf sozialen Wandel sowie die Energie, diesen aktiv einzufordern. Consciente hat mich Teil der Bewegung werden lassen – und ich bin jetzt Teil von Consciente.

Danke, Familie.


Tipps für zukünftige Reisende:

  • Bring genug Schokolade mit, so dass es auch für dich reicht.
  • Stelle dich darauf ein, dass du von vielen Moskitos gebissen wirst.
  • Iss viele Pupusas (Nationalgericht El Salvadors).
  • Bade im Rio Helado („eisiger Fluss“).
  • Erstelle eine Liste der Lieder, die sie dir empfehlen.
  • Tanze eine ganze Nacht lang auf der Consciente-Terrasse.
  • Sag immer „caval“, wenn du etwas magst.
  • Übernachte im Freien und beobachte den Sonnenaufgang.
  • Umarme einen Firulais (Name der streunenden Hunde).
  • Befreie Schildkröten an der Playa der Cuco („Kuckucksstrand“).
  • Sag „pacuso“, wenn etwas schrecklich riecht.
  • Lerne die Geschichte des Massakers von Mozote.
  • Lerne ein Wort in der Lenca-Sprache (Sprache einer indigenen Bevölkerung).
  • Geniesse eine Mangoneada.
  • Reise im offenen LKW.

 

Autorin: Tania Porto (aus der Schweiz), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

Die Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI Schweiz) ermöglicht es uns, Langzeitfreiwillige aus der ganzen Welt in El Salvador zu empfangen. Unsere internationalen Freiwilligen arbeiten bei bestehenden Projekten mit oder setzen eigene Ideen um und unterstützen so das lokale Team. Hast du Lust, wie Tania als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

Mehr Informationen

 

Livia Jakob

Alles ist möglich in einem Land wie diesem… – Bericht von Sebastiano, Freiwilliger aus Italien

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autor: Sebastiano Santoro (aus Italien), SCI Freiwilliger bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Sales Hollinger


Bevor ich mein LTV (Long Term Volunteering) antrat, drehte sich ein Strudel voller Ideen und Motivationen in meinem Kopf, auf die ich stets mit derselben grundsätzlichen Frage reagierte: „Was drängt mich eigentlich zum Gehen?“ Und stets hörte ich mich, ätzend und eintönig wie ein Anrufbeantworter, die folgenden Gründe zitieren: weil die internationale Zusammenarbeit das Thema meiner Bachelorarbeit war und ich mein Wissen in diesem Bereich unbedingt mit einer Live-Erfahrung vertiefen wollte.

Das Abfahrtsdatum rückte näher, und in diesem verwirrenden Strudel von Ideen begann ich langsam, ein schärferes Bild zu sehen, eine klare Form, die über die übliche Leier hinausging. Schliesslich halfen mir die zwei Ausbildungstage mit dem SCI (Service Civil International) in Rom, das Wirrwarr aufzulösen: Mit anderen Jugendlichen aus ganz Italien zusammenzukommen, die wie ich ins Ausland gehen wollten, ihre Ängste und Erwartungen zu hören und die Geschichten derjenigen, die soeben aus einem Workcamp (einer möglichen Form der Freiwilligenarbeit beim SCI) zurückgekehrt waren – all dies schaffte mir Klarheit darüber, was ich tun wollte.

Sich freiwillig zu engagieren, jenseits aller praktischen Gründe, ist eine sehr intime Entscheidung. Sie rührt aus einer Unverträglichkeit mit dem Hier und Jetzt, aus dem Wunsch, in einen anderen Winkel der Welt zu fliehen, auf der Suche nach einem Ort, an dem alles ein wenig mehr Sinn zu ergeben scheint.

Wir sind alle vor etwas geflohen. Es gab einen, der die Kontinente bereiste und sich verirrte und nun die Erfahrung machen wollte, im Dienste anderer zu stehen; einen – schon etwas älter, mit einem Job bei der Bank und Familie –, der beschloss, die Sorgen des Alltags abzuschütteln und zu gehen; einen, der noch zu jung und unsicher war; einen, der einer beendeten Liebe entfloh, und einen anderen, der der Trägheit seines kleinen Provinzdorfes entkommen wollte. Allesamt gingen sie mit der Sehnsucht nach Veränderung, nach Leben und Bewegung.

Was mich betrifft, so habe ich verstanden, dass bei dieser Entscheidung auch scheinbar zusammenhangslose und kaum denkbare Motivationen mitspielten – vor allem die zwei folgenden:

Zum einen waren da die Worte eines alten Lehrers aus den letzten Jahren meiner Zeit in der Sekundarschule. Er war einer jener Lehrer, die sich kaum beherrschen konnten, wenn sie mal wütend waren, die dann aber in der mündlichen Prüfung die Nationalität von Maradona, dem Fussballer, abfragen, wenn sie merken, dass du in Schwierigkeiten bist. In seinen Augen war ich ein unantastbarer Schüler, fleissig und unfehlbar – auch wenn oftmals falsch lag. Eines Tages vertraute er mir an, dass er nach seiner Pension etwas Geld sammeln und per Schiff nach Mittelamerika auswandern wolle, nach Guatemala, Honduras oder El Salvador. Dort wolle er sich ein kleines Haus am Meer kaufen, täglich angeln gehen und den Ruhestand in der Hitze der Tropen geniessen. Er erzählte witzige Anekdoten über die Menschen an diesen Orten, die ihm von früheren Reisen bekannt waren – darüber, wie „gutmütig, authentisch und solidarisch“ sie seien – und zeichnete ein magisches und faszinierendes Bild der Sprache dieser Länder und der Menschen, die dort lebten. Während meiner ganzen Jugend spürte ich den Zauber seiner Worte und Geschichten.

Zum anderen war da das Bild einer Pflanze: der „Bougainvillea“. Als Kind wuchs sie gross und üppig in einem Haus am Meer, wo ich jeden Sommer mit meiner Familie hinfuhr. Ich liebte diese Pflanze mit ihren leuchtend violetten Blüten, die, so erinnere ich mich, einen weichen Teppich bildeten, sobald sie zu Boden fielen. Ich liebte es, zwischen diesen Blütenblättern zu wandeln – bis meine Mutter ankam, stets auf Ordnung und Sauberkeit bedacht, und sie wegwischte. Eines Tages, vor vielen Jahren, wurde sie entfernt, um Platz für einen Ficus zu schaffen – und alles, was von ihr übrigblieb, war eine Erinnerung. Irgendwann habe ich herausgefunden, dass die Bougainvillea in Lateinamerika heimisch ist; von dort aus wurde sie hier in Europa von einem französischen Botaniker angesiedelt. Nach Lateinamerika zu gehen, die leuchtenden Farben der Bougainvillea wieder sehen zu können, ihren Duft zu riechen und auf den zu Boden gefallenen Blütenblättern zu gehen – das schien mir wie die Erfüllung verborgener Wünsche, die ich seit langem hegte. Mir gefiel der Gedanke – die Illusion – dass dieses Wiedersehen die zeitliche Distanz zwischen dem Kind, das ich war, und dem Mann, der ich jetzt bin, aufheben könnte.

   

Ich hatte somit verschiedene Beweggründe, teilweise sehr intime, und ich schämte mich beinahe, sie meinen Kolleg*innen zu gestehen. Jedenfalls sah ich nach dem Training mit dem SCI die Ideen ein wenig klarer und war überzeugt, dass ich einen Einsatz machen wollte. Wo? In Lateinamerika! Ich hatte keine Präferenzen bei der Wahl des Landes, aber ich bevorzugte Mittelamerika. Bei der Analyse der Vorschläge des SCI entschied ich mich schliesslich für ein Projekt in El Salvador, und zwar in San Francisco Gotera, der Hauptstadt Morazáns – eines der ärmsten Departemente des Landes und Schauplatz der Zusammenstösse zwischen der Guerilla und der staatlichen Armee im jüngsten Bürgerkrieg der 80er Jahre.

Bevor ich ging, war „El Salvador“ ein verwirrender Name für mich, und ich wusste auch nicht, wie ich ihn aussprechen sollte: Soll ich den Schwerpunkt auf die vorletzte Silbe oder auf die letzte Silbe legen? Es war ein Name, den ich im Grunde genommen mit drei Dingen verband: El Salvador wird von kriminellen Banden heimgesucht und hat daher eine der höchsten Mordraten der Welt; El Salvador ist eines der Ursprungsländer der Bougainvillea (die dort zu Ehren der Jahreszeit, in der sie blüht, „Veranera“ genannt wird); schliesslich wusste ich von meinem Lehrer, dass die Leute in El Salvador „gutmütig, authentisch und solidarisch“ sind.

Abgesehen von diesen eher widersprüchlichen Informationen wusste ich nichts über El Salvador. Die Kommentare zu Hause bezüglich der erstgenannten Tatsache könnt ihr euch wohl vorstellen. Doch der Wunsch zu gehen war stark und wurde auch von einem hartnäckigen Willen getrieben, tiefer in die Materie einzutauchen – ist El Salvador nur Gewalt und Kriminalität? Ich wollte die Dinge mit eigenen Augen beurteilen, statt blind den Statistiken zu vertrauen, die in den Zeitungen und im Internet zirkulierten. Jetzt, nach fünf Monaten Freiwilligenarbeit zurück in Italien, fühle ich mich „schwerer“ – und es ist nicht nur die Waage, die mir dies bestätigt. Ich habe verstanden, wie tiefgründig und voller angenehmer Überraschungen die Realität eines so kleinen Landes sein kann (die gesamte Fläche von El Salvador erreicht nicht einmal die Grösse der italienischen Region Emilia Romagna). Gleichzeitig ist das Land so komplex und zeigt tausend Gesichter, von denen nur das Negative die Aufmerksamkeit im Ausland erregt. El Salvador ist ein Land, dessen Widersprüche ich kennen und schätzen gelernt habe, da „alles möglich ist in einem Land wie diesem, das unter anderem den lächerlichsten Namen der Welt hat – jeder würde sagen, dass es ein Krankenhaus oder ein Schlepper ist“ (Zitat: Roque Dalton, salvadorianischer Dichter). El Salvador ist reich an Geschichte, Kultur und einer Menschlichkeit, die mich buchstäblich angenommen hat.

Ich habe Hand angelegt bei der Umsetzung einiger wesentlicher Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Nach vielen Jahren an der Universität und unzähligen Stunden der Theorie habe ich hier einen Weg gefunden, aus den Büchern herauszukommen und einigen dieser Ziele ein konkretes Gesicht und eine persönliche Geschichte zu geben.

Wenn ich zum Beispiel an das erste Ziel denke, „der Armut in der ganzen Welt ein Ende zu setzen“, dann erinnere ich mich an die grauen Wände der Häuser in den Armenvierteln von Guatajiagua, Cacaopera oder Gotera. Ich habe in den Häusern von Menschen geschlafen, die so gut sind wie Brot (für El Salvador wäre der Vergleich mit Tortillas besser), authentisch und rein wie Wasser, aber gezwungen, in Slums mit zerbrechlichen Dächern aus Ziegeln oder Eisenplatten zu leben. Unter prekären hygienischen Bedingungen und ohne grundlegende sanitäre Infrastruktur wohnen Grossfamilien zusammengedrängt auf wenigen Quadratmetern. Der materiellen Not steht ihre immense Gastfreundschaft gegenüber – eine uralte Tugend, die dort zu finden ist, wo es Demut gibt und die Neugierde, dem Fremden zu begegnen. Eine solche Gastfreundschaft liess mich die Ferne meiner Heimat vergessen. Sie bestand aus kleinen Dingen: aus gemeinsamem Essen und gemeinsamen Bemühungen, den schwarzen Schlamm zu gewinnen (für die für Guatajiagua typische handwerkliche Produktion von Keramik) oder das Wasser aus dem Brunnen zu holen; aus einem einfachen Lächeln, wenn man morgens aufwacht; aus brüderlichen Umarmungen und kostbaren Geschenken, wenn man sich verabschieden muss – kleine Gesten, die die Wände deines Herzens allmählich erweitern. Ich war immer der Ansicht, dass ein Haus, in dem Menschen wohnen, nicht nur ein Agglomerat aus Zement, Wasser und Ziegeln ist, sondern stets noch mehr: eine Art zu sein, ein Gefühl der Geborgenheit, eine Form der Liebe.

   

Ziel 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, „qualitativ hochwertige Bildung“, hat das Gesicht jedes Mitglieds des Teams von „Consciente“ – der NGO, bei der ich während fünf Monaten im Einsatz war – sowie der unzähligen Menschen, die sie unterstützen. Bildung ist ein wichtiger Treiber der Entwicklung eines Landes, und Consciente hat einen ehrgeizigen Traum: eine partizipativere, kritischere und kreativere Bildung für Morazán zu ermöglichen – ein Departement, in dem das Bildungsniveau niedrig ist und auch junge Menschen aus wirtschaftlichen Gründen die Schule ohne Abschluss verlassen müssen. Zu diesem Zweck hat die Organisation zusammen mit einem Schweizer Team eine Reihe von Projekten entwickelt, die sich auf die Vergabe von Stipendien, die Innovativen des Mathematikunterrichts und vieles mehr konzentrieren. Die Zahl der jungen Menschen, die von diesen Projekten profitieren, ist unendlich: Jede und jeder von ihnen hat eine schwierige persönliche Geschichte, aber auch den Traum, ein Studium abzuschliessen, um eine bessere Zukunft für sich, die Familie und das ganze Land zu ermöglichen, denn – wie mir einmal jemand aus dem Consciente-Team sagte – „Bildung verändert nicht die Welt, sondern die Menschen, die eines Tages die Welt verändern werden“. Aber Ziel Nummer 4 hat auch das Gesicht der Jungen und Mädchen, die an dem kleinen Italienisch-Sprachkurs teilgenommen haben, den ich persönlich im Hauptsitz der NGO entwickelt habe. Der Kurs ist zu einem Raum des Lernens, des Denkens und der Verbreitung von Ideen geworden, in dem wir nebenbei einige Grundregeln der Sprache gelernt haben. Wir haben italienische Lieder gesungen (zum Ärger der Nachbarn); wir schauten voller Emotionen den Film „Life is Beautiful“ – mein Blut erstarrte, als ich gefragt wurde, ob es wahr sei, dass im Italien jener Jahre die politische Rhetorik Menschen in Rassen unterteilte, wie es sonst mit Tieren geschieht – und wir kochten eine Carbonara nach römischer Art und bereiteten neapolitanischen Espresso zu.

Schliesslich hatte ich auch die Gelegenheit, mich persönlich von der Bedeutung des Ziels 5 zu überzeugen: „Gleichstellung der Geschlechter“ ist der unerfüllte Traum vieler Frauen, die physische und psychische Gewalt erlitten haben, die verbal belästigt oder vergewaltigt wurden oder denen das Recht auf ein Studium verweigert wurde – Frauen, die gegen ein System kämpfen, das ihre Flügel von früher Kindheit an zurückstutzt. Mit ihnen marschierte ich am 25. November, dem Welttag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, um gleiche Rechte für Frauen einzufordern. Einen besonderen Platz in meinen Erinnerungen hat der Ausdruck im Gesicht einer Frau eingenommen, der sich zu einer Grimasse zusammenzog: Schmerz und Befreiung, dunkle Augen, gerötet und von Tränen geschwollen. Es war Imelda Cortez vor dem Gerichtssaal, kurz bevor sie schliesslich von der Anklage des versuchten Kindermordes freigesprochen wurde. Die Geschichte von Imelda, einem 21-jährigen Mädchen, ist zum Symbol des salvadorianischen Kampfes für die Rechte der Frau geworden. Von ihrem Stiefvater zehn Jahre lang sexuell missbraucht, wurde sie im Alter von siebzehn Jahren schwanger und beschloss, ihre Schwangerschaft fortzusetzen, ohne Schule und Beruf aufzugeben. Sie war im achten Monat schwanger, als eines Tages plötzlich die Schmerzen einsetzten – es folgte eine Frühgeburt auf dem schmutzigen Boden der Hütte, in der sie lebt: eine getrennte Nabelschnur, massiver Blutverlust und eine verrückte Fahrt ins Krankenhaus. Dort wurde die junge Frau auf wundersame Weise gerettet. Besorgt, in eine illegale Abtreibung verwickelt zu sein, rufen die Ärzte die Polizei – Abtreibung ist in El Salvador ein Verbrechen, das auf einer Stufe steht mit Totschlag. Der Gerichtsprozess beginnt. Imelda wird von ihrem Stiefvater bedroht, während sie im Krankenhaus liegt, und verbringt schliesslich 18 Monate in Untersuchungshaft in einem der schlimmsten Gefängnisse des Landes. Aber der Alptraum ist vorbei: Mitte Dezember wurde sie dank der Proteste lokaler NGOs (einschliesslich Consciente) und der UN-Menschenrechtskommission freigesprochen. Ihr verzerrtes Gesicht, das im lokalen Fernsehen, aber auch in Artikeln internationaler Zeitungen zu sehen war, sowie ihre ganze Geschichte stellen die grösste Lektion in Feminismus dar, die ich je erhalten habe.

Kurz gesagt: Die Schönheit der Freiwilligenarbeit besteht in den vielen Erinnerungen, die man mitnimmt. Täglich wächst ihre Zahl, und als ich im Flugzeug sass, spürte ich zum ersten Mal das Gewicht der Ereignisse und Erfahrungen, die ich nicht leicht würde verarbeiten können. Ich war bewegt und meine Seele war besonders fiebrig und sensibel, so dass jede kleine emotionale Schwingung zu einem aufwühlenden Gefühl zu werden drohte, das durch meinen ganzen Körper hallte und bis in die Knochen drang.

Und es spielt keine Rolle, dass ich die Landessprache nicht perfekt sprach, oder dass die meisten Menschen mit der italienischen Kultur bloss Pizza, die Mafia und Juventus Turin assoziierten. Denn es gibt noch etwas anderes, und in diesen fünf Monaten habe ich es erfahren: etwas gemeinsames, das nicht erklärbar ist, sondern nur „erfühlt“ werden kann.

Seit Tagen summe ich mit Freunden den Refrain eines Liedes, dessen Text lautet: „Ich bin nicht von hier, aber du bist auch nicht von hier – von nirgendwo und doch von überall ein bisschen.“ Ich habe brüderliche Beziehungen zu einer unendlichen Anzahl von verschiedenen Menschen geknüpft; ich habe Ideen und Gedanken über die Welt geteilt; ich habe bei chilenischem Wein über Politik diskutiert; ich habe einem neugierigen Gemüsehändler die Geschichte von Romulus und Remus erzählt; ich habe einen ehemaligen CIA-Agenten getroffen, der mir von den Gräueltaten erzählte, die während des Krieges vom Militär begangen wurden; ich hörte intime Geheimnisse, so intim, dass sie aufrichtige Tränen hervorriefen; ich las zum ersten Mal Bibelverse mit einer grossartigen Familie von Evangelisten; ich hörte den asthmatischen Klang einer Gitarre ohne Saiten, im Kreis sitzend, in religiöser Stille und unter einem Himmel voller Sterne; ich nahm Lektionen bei einem weisen Kakawira, der in einem kleinen indigenen Dorf im Norden von Morazán wohnte; ich ass am gleichen Tisch und teilte das gute Essen; ich schlief im selben Bett oder derselben Hängematte; ich sah beeindruckende Sonnenaufgänge und bewegende Sonnenuntergänge; ich las den Schmerz in den Falten der Gesichter der Bewohnerinnen und Bewohner von El Mozote, als sie des Bürgerkriegsmassakers gedachten, das vor 27 Jahren die gesamte Bevölkerung des kleinen Dorfes vernichtete und dessen Opferzahl, die meisten davon Kinder, noch immer unbekannt ist; ich lief um Mitternacht des 31. Dezembers im Zickzack um die Gläser, die die Leute zur Feier des neuen Jahres auf die Strasse stellten, und bewunderte die Häuser im Zentrum von Gotera, die durch das farbenprächtige Feuerwerk beleuchtet wurden; ich reiste 18 Stunden lang im Auto, um ein Paket aus Italien zu empfangen, das ich zwar aus bürokratischen Gründen nie erhalten habe, das es mir jedoch erlaubte, eine neue Freundschaft zu schliessen; ich feierte meinen Geburtstag am Strand von Los Cobanos, baute Sandburgen und hörte dem Meer zu, dessen Gezeiten nachts wogen; ich besuchte eine Höhle mit Wandmalereien, die mehr als 10’000 Jahre alt war und „die Sixtinische Kapelle von Kakawira“ genannt wurde.

   

Ich tat dies und viele andere Dinge – ein ganzes Buch könnte ich damit füllen. Wohl war ich traurig, als ich nach Hause reiste – das gebe ich zu – aber stets wird die Freude überwiegen, dass ich das Glück hatte, solche Erfahrungen zu machen, die an mir haften geblieben sind – doch nicht wie Kleidung, die man einfach wechseln kann. El Salvador klebt an meiner Haut, mit unauslöschlicher Tinte, wie ein Tattoo.

Abschliessend noch drei Dinge: Mein Lehrer von damals konnte seinen Traum nicht verwirklichen – der Tod überraschte ihn ein Jahr nach seiner lang erwarteten Pensionierung. Doch ich kann es bezeugen, weil ich es am eigenen Leibe erfahren habe: Er hatte Recht, was die Bewohnerinnen und Bewohner dieses Erdteils betrifft.

Und nein: Die Bougainvillea wieder zu riechen und ihr wildes Wachstum zu sehen, hat mich zwar ein wenig erleichtert, aber es hat die Distanz zwischen meinem jetzigen und meinem früheren Ich nicht aufgehoben. Ich spüre in mir drin die Jahre, die vergangen sind. Es war nur eine süsse Illusion.

Und schliesslich müsste ich noch die Frage beantworten, ob nun El Salvador nur Gewalt und Kriminalität sei – die Antwort kannst du dir denken.

 

Autor: Sebastiano Santoro (aus Italien), SCI Freiwilliger bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

Die Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI Schweiz) ermöglicht es uns, Langzeitfreiwillige aus der ganzen Welt in El Salvador zu empfangen. Unsere internationalen Freiwilligen arbeiten bei bestehenden Projekten mit oder setzen eigene Ideen um und unterstützen so das lokale Team. Hast du Lust, wie Sebastiano als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

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Livia Jakob

Eine Reise ins „Salvadorianische Bewusstsein“ – Bericht von Joëlle, Freiwillige aus Belgien

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Joëlle Mignon (aus Belgien), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Christoph Kühnhanss


Ich bin nun seit über einem Monat bei Consciente, und auch wenn dies sehr kurz erscheinen mag – ein Monat kann es ganz schön in sich haben. In dieser Zeit habe ich so viele Menschen getroffen und so viele neue Erfahrungen gemacht, dass mein Bewusstsein bereits begonnen hat, sich tiefgreifend zu verändern.

Seit meiner Ankunft in El Salvador befinden sich alle meine Sinne in einem ständigen Wachzustand. Alles ist anders, alles will neu entdeckt werden. Schon am ersten Tag fühlte ich mich wie zuhause, denn überall begrüssten mich ein Lächeln und warme Worte des Willkommens. Ich spürte vom ersten Augenblick an: „Ich werde diese Leute mögen!“.  Die zweite Einsicht kam zwar nicht sofort, sondern erst nach der ersten Akklimatisierungsphase, dafür umso deutlicher: Ich komme aus einem sehr privilegierten Land.

Belgien hat ein kühles Klima und grüne, aber einheitliche Vegetation. Es ist ein Land mit sozialer Absicherung, hohen Beschäftigungsraten und kaum sichtbaren sozialen Ungleichheiten, vor denen man leicht die Augen verschliessen kann. In Belgien kämpfen wir allenfalls gegen die Auswüchse des kapitalistischen Systems oder für die Gleichstellung von Frauen und Männern, setzen uns ein für bessere soziale Institutionen, die alle Bevölkerungsschichten gleichermassen berücksichtigen, oder protestieren gegen Steuerhinterziehung und die wachsende Macht multinationaler Unternehmen. Dabei merken wir oftmals überhaupt nicht, was für ein Privileg es ist, sich überhaupt für oder gegen etwas engagieren zu können. Denn wir wissen nicht, was es bedeutet, in einem Land wie El Salvador zu leben, wo so viel Korruption und Vetternwirtschaft herrscht und wo es kaum Möglichkeiten gibt, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Wir wissen nicht, was es bedeutet, mit so himmelschreienden Ungleichheiten konfrontiert zu sein, dass die Zukunft der ärmsten Menschen in den Händen weniger Reicher liegt, deren einziges Interesse darin besteht, Geld zu machen. Oder wie es ist, in einem Land zu leben, in dem der Machismo so stark ist, dass es für Frauen schon gefährlich ist, sich gegen männliche Übergriffe zur Wehr zu setzen; in einem Land, das so konservativ ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung Abtreibung in jedem Fall verurteilt. Und vor allem haben wir keine Ahnung, was es bedeutet, in einem Land zu leben, das von kriminellen Banden beherrscht wird, so dass selbst die Regierung nicht weiss, wie sie die alltägliche Gewalt stoppen kann.

   

All das lässt einen sofort wieder umkehren wollen – aber bei mir ist das Gegenteil passiert: Je mehr ich mir der Situation in diesem Land bewusst wurde, desto mehr reizte es mich, es näher kennenzulernen und zu verstehen, wie es so weit gekommen ist.

Die Geschichte El Salvadors ist dunkel, aber dieser Dunkelheit steht die Strahlkraft seiner Menschen gegenüber: Hier begrüßt dich jede und jeder mit einem wohlwollenden Lächeln, und schon nach wenigen Gesprächen mit den Menschen, die ich bei Consciente getroffen habe, wurde mir klar, dass der Blick aller in die Zukunft gerichtet ist. Ich habe noch nie so viele Menschen getroffen, die helfen wollen, ihr Land zu verändern. Die Jugendlichen sind unerwartet aktiv und engagiert, und das inspiriert mich derart, dass ich nur noch eines will: mit ihnen zusammenarbeiten. Seit ich hier angekommen bin, begegnete ich vielen freundlichen Menschen mit toller Ausstrahlung, die mich ihr Land entdecken lassen und sehr gerne mit einer Belgierin teilen wollen. Letztendlich besteht die grösste Bereicherung darin, mit anderen Menschen zu teilen und sich auszutauschen, denn dabei lernen wir alle von einander.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich Consciente entdecken durfte. Es beweist einmal mehr, dass die Einheimischen sehr wohl dazu in der Lage sind, große Dinge zu tun, um die eigene Wirklichkeit zu verändern. Bei Consciente liegt der Fokus auf der „educación popular“: Lernen durch Handeln und unter Berücksichtigung der Voraussetzungen, die jede und jeder Einzelne mitbringt. Hier geht es nicht darum, auf traditionelle Weise zu unterrichten, indem eine Lehrperson einer Klasse Vorträge hält und Anweisungen gibt. Vielmehr tauschen sich die Teilnehmenden untereinander aus, teilen ihre Erfahrungen, und alle nehmen etwas aus den Workshops mit oder gehen sogar als veränderte Menschen daraus hervor.

Was mir an Consciente am besten gefällt, ist, dass die Organisation einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt: Sie bietet jungen Menschen reelle Bildungschancen, die ansonsten keine Möglichkeit haben zu studieren; sie arbeitet daran, das traditionelle Bildungssystem mit innovativen Projekten weiterzuentwickeln; sie bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sich selbst an der Vermittlung von Wissen zu beteiligen; sie arbeitet aber auch mit vielen Organisationen wie Frauenverbänden oder Veteranenvereinen zusammen. Die „educación popular“ wird hier als etwas Umfassendes angesehen, und das scheint mir der einzige richtige Weg zu sein, der zu nachhaltigen Lösungen führt. Deshalb fühle ich mich glücklich, mit meiner Arbeit einen kleinen Beitrag zum Gelingen dieser Projekte zu leisten – wenn auch nur für kurze Zeit.

Mein tägliches Leben bei Consciente besteht darin, Englischunterricht zu geben – meine Schülerinnen und Schüler sind die motiviertesten, die ich je getroffen habe! – und im Rahmen des Projektes CAL-IMPACT (computer-gestützter Mathematikunterricht für Kinder) Grundschulen zu besuchen. Schliesslich arbeite ich bei der Entwicklung von Workshops zur Gesundheitsprävention mit. Die Aufgaben sind sehr vielfältig, was mir die Möglichkeit gibt, sowohl das salvadorianische Bildungs- wie auch das Gesundheitssystem kennenzulernen.

El Salvador begeistert mich wegen seiner Geschichte, seiner Kultur und seiner Menschen und ich freue mich schon darauf, in den nächsten Monaten noch viel Neues zu entdecken. Am meisten gefällt mir die Vielfältigkeit meines Einsatzes: Man kann nie wissen, was am folgenden Tag passiert, und das gibt mir enorm viel Motivation! Ich bin schon gespannt, was als Nächstes passiert…

Autorin: Joëlle Mignon (aus Belgien), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

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Livia Jakob

6 Monate voller Leben – Projekte säen, Lächeln kultivieren, Verbindungen knüpfen, Träume wahr werden lassen

9. Oktober 2018/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Annalia Bodeo, Schweizer Freiwillige bei Consciente El Salvador,  Januar – Juli 2018 (SCI Schweiz)

Übersetzt von: Sales Hollinger (Link zur spanischen Version)

Ich erinnere mich noch an den Tag, als mir gesagt wurde, dass es in El Salvador ein ausgezeichnetes Projekt mit engagierten jungen Menschen und Träumer*innen gebe, die die soziale Realität durch die Vermittlung von kritischer und kreativer Bildung verändern wollen. Dadurch soll die lokale Jugend für die sozialen Probleme und Herausforderungen sensibilisiert und ein kritisches Bewusstsein geschaffen werden, das es ihnen ermöglicht, eine bessere Gesellschaft zu gestalten. Am Tag vor meiner Abreise war ich sehr aufgeregt und motiviert. Hier stand ich nun, allein mit meinem Rucksack und voller Lust auf Abenteuer – bereit, eine neue Sicht auf die Welt zu erhalten. Ich wollte wachsen, lernen und teilen. Ich wollte all mein Wissen und mein Wesen weitergeben, um den von Consciente El Salvador eingeschlagenen Pfad weiter zu gehen und neue Samen der Hoffnung zu säen.

Ich hatte schon einiges von El Salvador gehört. Dennoch wusste ich vor meiner Ankunft kaum etwas über dieses wunderschöne Land. So liess ich mich jeden Tag überraschen von seiner Kultur und seinen Menschen, seiner Natur und seinem Essen, seinen Werten, Bräuchen und Traditionen.

Januar: Begegnungen, Neuheiten – eine ganze Welt, die es zu entdecken, zu leben gilt. Die Eingliederung in das Arbeitsteam von Consciente; das täglich wachsende Lächeln; die Begegnung mit vielen jungen Menschen. Ich fand schnell meinen Platz, mein Zuhause, meine Familie, bei der ich mich wohl fühlte. Dank dieser jungen Menschen fiel es mir leicht, in die Realität von Morazán einzutauchen und die ganze Komplexität einer fremden Kultur mit ihrer Geschichte, ihren Werten und Bräuchen zu entdecken. Diese Erfahrung war faszinierend und erlaubte es mir, die Anthropologie, die ich ja studiert hatte, aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben. Dank Erfahrungen wie dieser werden Horizonte und Grenzen aufgelöst und die Augen lernen, die Realität auf eine andere Weise zu sehen.

Februar: Es folgten Entdeckungen aller Art: gastronomische, geografische, menschliche und insbesondere solche zu meiner Rolle als Freiwillige bei Consciente. Darunter waren Begegnungen und handfeste Gespräche mit ehemaligen Guerilla-Kämpfer*innen, mit Frauen, die täglich unter der Kultur des Machismo leiden, und mit jungen Menschen mit einer schwierigen Vergangenheit – das war nicht immer leicht zu verdauen. Ich hörte diesen Menschen zu, die mir Erfahrungen ihres Lebens anvertrauten, die schwer zu meistern sind und einer entsprechend grossen Aufmerksamkeit verdienen, und fühlte mich ihnen sehr nahe. Ein Lächeln, eine Umarmung und ein fester Blick in die Augen. Aber warum so viele Barrieren, so viele Grenzen? Ich habe sofort gelernt, dass es keine Grenzen gibt. All diese Begegnungen haben mich tief beeindruckt. Angesichts der Ungerechtigkeiten eines dysfunktionalen Systems gibt es Empörung und kritisch denkende junge Menschen voller Energie und guter Absichten, voller Freude und Lebensgefühl. Für meinen Teil habe ich mich bemüht, meinen Aufenthalt zu einem Samenkorn des großen Baumes von Consciente werden zu lassen, der stetig wächst und mit der Zeit Früchte tragen wird.

Ich hatte nun auch allen Grund, mich zu engagieren und dabei zu helfen, ein Zeichen zu setzen im Kampf für sozialen Wandel den Aufbau von Wohlfahrt in der salvadorianischen Gesellschaft. Denn aus dem, was ich erlebte und beobachtete, aber auch aus den Erzählungen junger Menschen wurde mir bewusst, dass meine Hauptaufgabe darin bestehen würde, mit und für die Jugendlichen von Morazán, vor allem jene aus der Umgebung von San Francisco Gotera, zu arbeiten. Nun habe ich diesen Traum verwirklicht: Ich habe ein Projekt ins Leben gerufen, und dank der Unterstützung vieler junger Menschen konnten wir bereits mit der Arbeit beginnen. “Recre/accion” sollte einen Raum bieten für Begegnung und Austausch, für Unterhaltung, Freizeit, Sport und Entspannung, für kreative Aktivitäten und eine Zusammenarbeit, bei der Respekt und Geschlechtergleichstellung höchste Priorität geniessen. Bei all diesen Aktivitäten sollen die Bewusstseinsbildung und die Pflege einer kritischen Sicht auf die soziale Realität, schliesslich auch die Gewaltprävention im Vordergrund stehen. Nach und nach wurde die Idee konkretisiert und in die Praxis umgesetzt. Heute treffen sich jeden Samstag motivierte junge Menschen im Jugendzentrum INJUVE und schlagen Aktivitäten vor. Es erfüllt mich mit einer riesigen Freude! Ein Wassertropfen in einem Ozean, in dem es viele andere Tropfen gibt, die zusammen einen Unterschied machen können.

 

   

März: Im März hatte ich die Möglichkeit, als internationale Wahlbeobachterin zu amten, und während dieser Erfahrung erweiterte sich mein Horizont beträchtlich: Orte, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie in El Salvador geben könnte, Natur, Menschen, die in NGOs engagiert sind, politische Parteien, die sich sozial für den Umweltschutz und die Verteidigung der Menschenrechte einsetzen. Ich sah die Bemühung vieler Menschen, ein El Salvador zu schaffen, das für das Wohlergehen seiner gesamten Bevölkerung da ist. Warum dürfen einige so reich sein, während andere nicht genug zu essen haben? Warum ist die Frau immer noch diesem patriarchalischen System unterworfen? Warum gibt es so viel Korruption? Wo bleiben die Rechte der Frauen und Männer, der Jugendlichen, der Mädchen und Jungen? Fragen, die schwierig zu beantworten sind…. Ich entschied, dass ich die Antworten mit der nötigen Zeit finden würde und dass ich sie durch meine Freiwilligenarbeit bei Consciente und vor allem in meinem täglichen Leben mit Freunden und Menschen, die ich getroffen habe, in konkrete Handlungen umsetzen würde.

Es kam der Internationale Frauentag: Als Frau und als Teil des Consciente-Teams gingen wir hin, um auf der Straße Rechte einzufordern und die traurige Realität von Gewalt, Femizid und mangelnder Rücksichtnahme in der Gesellschaft anzuprangern. „Rechte, die nicht verteidigt werden, sind Rechte, die verloren gehen.” Dies gilt jederzeit; es war, ist und wird wichtig sein, sich für diese Rechte einzusetzen, um sie zu erhalten.

April: Ich habe mir den Sonnenuntergang am Strand angesehen. Bei dieser Gelegenheit, angesichts der Schönheit des Meeres und der wilden Natur, bestätigte sich von Neuem die Gewissheit, dass El Salvador ein schönes Land sei – nicht nur wegen seiner Natur, sondern vielmehr wegen der Herzen seiner Bewohner*innen. Ein Freund sagte mir, dass die Menschen hier von Hoffnung und Träumen leben, die sie jeden Tag zu verwirklichen versuchen. Die salvadorianische Bevölkerung, die ich getroffen habe, ist in der Tag großartig; dieses Land hat das Potenzial, aus dem Einfachen, dem Alltäglichen, dem Lokalen etwas Neues und Besseres zu erschaffen. Die meisten Menschen haben täglich viel zu kämpfen, doch sie tun dies mit einem unbändigen Feuer, das nie erlischt.

Ich war stets begeistert, tiefgründige Gespräche mit jungen Leuten zu führen, die schließlich gute Freunde von mir wurden. Sei es während meiner Arbeit im Büro oder der Vorbereitung von Workshops und anderen Aktivitäten, zwischen dem Besuch von Schulen und einer Partie Basketball, während eines Spaziergang in der Natur oder bei einem Lagerfeuer – wir teilen sehr viel miteinander. Niemand kann mir die fröhlichen Gesichter, das Lächeln und das Vertrauen nehmen, das mir jene Kinder, Jugendliche und Erwachsene schenkten, die ich auf meinem Weg kennengelernt habe und die mir so viele Fragen stellten, Witze machten und mir Geheimnisse anvertrauten – ein unvergleichlicher Reichtum.

Mai: Zwischen Italienisch-, Englisch- und Rechtschreibkursen haben wir alle viel gelernt, wir haben viel gelacht, wir haben uns konzentriert, und schliesslich haben wir es geschafft. Einmal mehr wurde mir auch bewusst, wie schwierig es war, die Rolle der Lehrerin zu übernehmen. Es war kein blosser Sprachunterricht, sondern eine Lehre über das Leben selber und ein Teilen unterschiedlicher Lebenswelten. Wir begannen, über teils schwierige und noch immer tabuisierte Themen zu sprechen. Ohne Angst und mit Zuversicht schafften wir es so, uns gegenseitig zu bereichern. Man hört nie auf zu lernen, nie.

Es gibt viele Arbeitsbereiche, die Consciente abdeckt, und das Leitmotiv „für eine kritische und kreative Bildung“ widerspiegelt sich jeden Tag in den Stipendien- und Bildungsprogrammen, dem Projekt “Portal Educativo” (CAL-IMPACT), den Bemühungen und der großartigen Arbeit des Teams und aller Kämpfer*innen für eine bessere Gesellschaft.

Juni: Noch nie in meinem Leben war die Zeit so schnell vorübergegangen. Ich denke, es war eine magische Zeit, in der wir starke Bindungen schufen, hart arbeiteten, Projekte ins Leben riefen, Lächeln pflegten und Träume wahr machten. Es war nicht einfach, sich zu verabschieden. Die Lebenswege trennen sich nach unterschiedlichen Richtungen, doch eines ist sicher: Ich habe meine Familie, meine Freunde, meine Aktivitäten, meine Lieblingsplätze, meinen Raum, mein Zuhause gefunden – und so habe ich einen Teil meines Herzens in El Salvador gelassen. Ich habe mich in die Natur und die Menschen verliebt. Sie fragen mich heutzutage: „Was hat dir an El Salvador am besten gefallen?“ Meine Antwort mag einfach erscheinen, aber sie geht sehr tief: Menschen zu begegnen, mit ihnen zu lernen und zu wachsen und all die wunderbaren Erfahrungen zu teilen – mit den Menschen El Salvadors mit ihren großen, demütigen Herzen. Vielen Dank an alle für dieses unglaubliche Erlebnis!

Ich bin Consciente und dem SCI (Service Civil International) sehr dankbar, dass sie es mir ermöglicht haben, eine so intensive Lebenserfahrung mit einzigartigen Farben und Geschmäckern zu erleben. Und ich bin wirklich fasziniert von der Arbeit, die Consciente weiterhin für das Departement Morazán und seine Bewohner leistet: eine unglaubliche Zusammenarbeit und Koordination zwischen der Schweiz und El Salvador, eine echte Familie! Wie Malala sagt: „Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und eine Feder können die Welt verändern.” Bildung ist die einzige Lösung. Los geht’s!

Autorin: Annalia Bodeo, Schweizer SCI-Freiwillige bei Consciente El Salvador,  Januar – Juli 2018

Hast du Lust, wie Annalia als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

Freiwilligeneinsatz bei Consciente mit dem SCI Schweiz
Website SCI Schweiz
Livia Jakob

My memories from El Salvador

10. Dezember 2016/in Englisch, Freiwilligenarbeitsprogramm, News, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Bericht von Otto Härö über seinen Freiwilligeneinsatz bei Consciente

Xiomara, the teacher in one of the two schools I was working in as a volunteer in El Salvador, sent me a video just some weeks ago. In the video the children of the school were singing “The Lion Sleeps Tonight”, in plain English. That’s one of the videos that has brought me most happiness, and it made me want to go back to El Salvador. Seeing, after being away from El Salvador for months, that the children still sing so well and with so much energy was something really inspiring.

What I liked a lot in my stay as a volunteer in Consciente was the cooperative air they have. In Consciente we did things together. Although teaching English and arts was kind of my own project there, the people around me were interested to know how I was doing and were always keen on supporting me. Whether it was helping in the planning the classes or listening to how well, or how badly, I felt the classes that day had worked out. By the way, the more active the classes were, the better they worked out. Bingo with English numbers was one of the favourite activity of the children. And of course singing “The Lion Sleeps Tonight” together 😉

In El Salvador they do things together. One example; When we went to spend a day by the beautiful river Sapo, of course we took with us the ingredients to prepare bean soup on the spot. Once we were there, some started to prepare the beans, some to find firewood and others to prepare the fire. The atmosphere of togetherness and the unreserved warmth in El Salvador made a strong positive impact on me. And the bean soup always tastes much better after having prepared it together!

Apart from the classes in the schools with the children, I had the opportunity to participate in other activities of Consciente as well. I had the opportunity to get to know many of the students Consciente supports. Participating in the educational events and everyday life of the students I learned a lot, but also I felt that I had the opportunity to participate in something really important and significant. In my opinion, what makes Consciente bigger and more effective, is the believe in the people it has. In Consciente it is believed that a change and positive impacts come from the people, by empowering the people to go forward and inspire others.

 

Autor: Otto Härö aus Finnland, Freiwilliger für Consciente von Februar 2016 – April 2016

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