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Livia Jakob

Wir suchen dich!

18. Februar 2022/in Aktiv werden, Deutsch, Unterstützungsverein/von Livia Jakob

Freiwillige in der Schweiz gesucht

Wie ihr wisst, werden unsere Bildungsprojekte von einem engagierten salvadorianischen Team vor Ort in diversen Projekten umgesetzt. Wir von Consciente Schweiz leisten dabei wichtige Unterstützungs- und Koordinationsarbeit und arbeiten vollständig ehrenamtlich. Damit können wir garantieren, dass eure Spenden an Consciente praktisch vollständig (gemäss Jahresabschluss 2020 zu 99.3 %) in die Projektarbeit in El Salvador fliessen.

Unser Engagement bei Consciente Schweiz ist eine inspirierende, sinnvolle und lehrreiche Arbeit in einem motivierten Team. Consciente ist in den letzten Jahren stark gewachsen und weitere ambitionierte Projekte sind in Planung. Aktuell freuen wir uns deshalb in verschiedenen Bereichen über Unterstützung, so etwa bei der Projektbegleitung, beim Fundraising oder auch bei administrativen Aufgaben.

Möchtest du einen Einblick in die Projektarbeit im Kontext der internationalen Entwicklungszusammenarbeit erhalten, wertvolle Erfahrungen in einer dynamischen NGO sammeln und mit deinem Engagement sichtbar etwas bewirken? Dann bist du bei uns richtig!

Falls du motiviert bist, mit uns zusammen einen Beitrag zu besserer Bildung in El Salvador zu leisten, dann melde dich gerne bei uns unter info@consciente.ch. Wir freuen uns auf dich!

Hier findest du eine Beschreibung der Aufgaben und Anforderungen:

Projektbegleitung im Stipendienprogramm

Wir suchen Unterstützung bei der Projektbegleitung im Stipendienprogramm.

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Fundraising

Wir suchen Unterstützung bei der Mittelbeschaffung/Fundraising.

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Administration & Buchhaltung

Wir suchen Unterstützung bei der Administration und Buchhaltung.

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Projektbegleitung Nachhaltigkeitsbildung

Wir suchen Unterstützung bei der Projektbegleitung im Programm für Nachhaltigkeitsbildung.

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Ruben Bär

Wir suchen dich für unser Stipendienprogramm

19. Dezember 2020/in Aktiv werden, Deutsch, Stipendienprogramm, Unterstützungsverein/von Ruben Bär

Für die Co-Koordination unseres Stipendienprogramms suchen wir eine motivierte Person, die uns längerfristig unterstützen möchte.

Dafür brauchen wir dich!

Die Koordination des Stipendienprogramms in der Schweiz findet zu zweit statt und der durchschnittliche Arbeitsaufwand beträgt ca. 4 Stunden pro Woche. Sie beinhaltet folgende wiederkehrenden Aufgaben:

  • Beratung und Austausch mit den lokalen Projektverantwortlichen in El Salvador (Spanischkenntnisse erforderlich)
  • Redaktion von Projektberichten und Newslettern
  • Korrespondenz mit unseren Projektpatinnen und -paten in der Schweiz und mit Stiftungen
  • Übersetzen von Briefen (Spanisch-Deutsch)
  • Pflege von Listen und Datensätzen
  • Stiftungsrecherchen
  • Buchhalterische Aufgaben (Adressen aktualisieren, Rechnungen erstellen, etc.)
  • Teilnahme an regelmässigen Sitzungen

Idealerweise bist du

  • motiviert, dich mit uns auf freiwilliger Basis für die Qualität und den Zugang zu Bildung in El Salvador zu engagieren;
  • sprichst spanisch; und
  • besitzt eine selbständige und sorgfältige Arbeitsweise.

Bei Consciente erhältst du einen Einblick in die Projektarbeit im Kontext der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und profitierst vom Austausch mit engagierten Menschen in El Salvador und in der Schweiz. Es ist eine inspirierende, spannende und nicht zuletzt sehr lehrreiche Arbeit in eine sympathischen Team. Weitere Auskünfte erhältst du bei sales.hollinger@consciente.ch.

Wir freuen uns auf dich!

Livia Jakob

Doppelte Solidarität ,,trotz’’ Auf-der-Couch-sitzen?

13. April 2020/in Aktiv werden, Deutsch, News, Nothilfe, Spanisch/von Livia Jakob

 

Autorin: Eveline Tissot, Ärztin und Projektverantwortliche “Consciente médico”

 

Die Coronakrise beschäftigt auch uns von Consciente sehr. Während die meisten Vorstandsmitglieder auf Homeoffice umgestellt haben, wir unsere zweiwöchentlichen Meetings auf Skype abhalten und die Ärztinnen und Ärzte im Team täglich mit mehr und mehr Corona-Fällen konfrontiert werden, sind wir besorgt – besorgt um unsere Freundinnen und Freunde vom lokalen Team in El Salvador, deren Familien und alle anderen Menschen in El Salvador. 

Klar läuft auch hier bei uns nicht alles rund bei der Bekämpfung dieser Krise. Wenn sich aber das Virus in El Salvador ausbreitet, gibt es kaum Möglichkeiten, vergleichbare personelle und technische Ressourcen hochzufahren wie in der Schweiz. Was wird mit all den Patientinnen und Patienten geschehen? Man möchte gar nicht daran denken.

Aktuell wurden in El Salvador sämtliche Schulen und Strassenmärkte geschlossen; die Leute sollen zu Hause bleiben. Solche Massnahmen sind gegen die Ausbreitung des Coronavirus sehr effektiv. Doch sie treffen besonders jene zahlreichen Menschen hart, die bereits am Existenzminimum gelebt und sich etwa durch den Verkauf von Gemüse an lokalen Märkten über Wasser gehalten haben. Viele Familien haben schon heute nicht mehr genug zu Essen und schon gar keine Seife, um sich die Hände gründlich zu waschen. Daher wurde vom lokalen Team in El Salvador ein Plan zur Soforthilfe erstellt: Möglichst “BAG-konform” sollen die Menschen in den am stärksten betroffenen Gemeinden mit Nahrungsmitteln, Seife und Informationen bezüglich zu treffender Hygienemassnahmen versorgt werden. Dadurch hilft das lokale Consciente-Team den Menschen, den öffentlichen Verkehr und die Lebensmittelläden zu meiden, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Wir hoffen sehr, damit im präventiven Bereich einen Beitrag gegen die Ausbreitung des Coronavirus in El Salvador leisten zu können, denn niemand möchte sich vorstellen, was passieren würde, wenn das mangelhafte Gesundheitssystem von Viruspatientinnen und -patienten überrannt würde!

Das kannst du tun:

 

Solidarität in der Schweiz

Du kannst uns dabei helfen, indem du deine Mitmenschen in der Schweiz weiterhin dazu anhältst, die vom BAG verabschiedeten Hygienemassnahmen einzuhalten. Denn auch wir haben einen Einfluss auf die weltweite Verbreitung des Coronavirus und können so mithelfen, benachteiligte Regionen dieser Welt vor der Pandemie zu schützen. 

Weitere Informationen

Solidarität mit El Salvador: Nothilfe-Kampagne

Um die schwächsten Menschen und Familien in Morazán mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneprodukten zu versorgen, lanciert Consciente eine lokale Nothilfe-Kampagne. Unterstütze uns jetzt mit einer Spende und hilf so den freiwilligen Helferinnen und Helfern vor Ort, das Schlimmste zu verhindern!

Weitere Informationen

 

Livia Jakob

Das Mädchen und das Geschenk – Bericht von Tania, Freiwillige aus der Schweiz

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Tania Porto (aus der Schweiz), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Sales Hollinger


Stellt euch ein Mädchen vor, das ein Geschenk vor sich hat und es jeden Augenblick öffnen wird. Das Glück, die Ungewissheit und die Neugier, die sie empfindet – das ist es, was auch ich empfand, als ich allein am Flughafen vor einer Anzeigetafel stand, auf der stand: Destination El Salvador.

Umarmungen…

Es war das erste Mal, dass ich „el charco“ überquerte; das erste Mal, dass ich allein reiste und das erste Mal, dass ich in ein anderes soziales Umfeld eintauchte. Aber die Angst vor all diesen „ersten Malen“ verschwand mit jeder Umarmung, die mir die Menschen gaben, denen ich auf dem Weg begegnete. Wenn sich die Menschen in El Salvador vorstellen, dann umarmen sie dich so herzlich, dass du dich voll und ganz willkommen fühlst – es ist wunderschön.

Während meiner ersten Woche bei Consciente erhielt ich unzählige solcher Umarmungen, die mich jeden Tag mehr wie zu Hause fühlen liessen. Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass Consciente nicht nur ein Büro ist – es ist ein Zuhause für seine Mitarbeitenden, die sich mit Körper und Seele für sozialen Wandel einsetzen, sowie für all jene jungen Menschen, die einen sicheren Ort gefunden haben, an dem sie Freude, Ängste und Träume teilen können. Wie in jedem Haus wohnte auch bei Consciente eine Familie, die mich von Beginn weg mit Liebe und Vertrauen aufnahm.

   

Erschaffen…

Ich hatte mir bereits vor der Reise einige Gedanken gemacht, doch die Realität lehrte mich: Was wir hier für notwendig halten, ist nicht zwingend etwas, das sie dort ebenfalls brauchen. Deshalb änderte ich meine Pläne und verbrachte die ersten Wochen damit, die Jugendlichen bei ihren Aktivitäten zu begleiten, zu beobachten und mit ihnen zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich auch den Einflusses, den Consciente auf die Jugendlichen hatte: das kritische Bewusstsein gegenüber patriarchalen Strukturen, die Sensibilität für die Umwelt oder das Engagement in der Gemeindearbeit. Das sind Dinge, die sich nicht messen und in einem Bericht festhalten lassen, aber sie sind da und haben enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Was mir an Consciente am meisten gefällt, ist, dass sich das Handeln stets an Nachhaltigkeit orientiert: Es wird Autonomie geschaffen, nicht Abhängigkeit. So hinterlassen die Projekte bleibende Spuren, wie ich am eigenen Leib erfahren durfte.

Es wurde bald klar, dass ich Teil des Programms für Nachhaltigkeitsbildung sein wollte. Dabei handelt es sich um mehr als ein blosses Bildungsprogramm – es ist eine Lebensweise des Hinterfragens, der Reflexion sowie des Schaffens von Werkzeugen zur kritischen Analyse und anschliessenden Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse.

Nachdem wir uns mit den Jugendlichen darüber ausgetauscht hatten, organisierte ich mit einem Kollegen einen intensiven Workshop zum Thema „Strategien der Organisation“. Ziel war es, den Jugendlichen des „Red de Educadores Populares“ – eines Netzwerks von jungen Freiwilligen –Werkzeuge an die Hand zu geben, damit sie effektiver arbeiten und durch ihre Bildungsarbeit einen nachhaltigeren Einfluss auf die Gemeinschaft erzielen können. Im Zentrum standen dabei eine strategische Planung, Organisations-prozesse sowie Methoden der Kommunikation und der Persönlichkeits-entwicklung.

Diese jungen Freiwilligen sind bewundernswert: Ihre Fähigkeit, Wissen zu schaffen und zu teilen, ist erstaunlich. Sie sind wie Schwämme, die Informationen aufsaugen, aber gleichzeitig nach ihren Bedürfnissen und Interessen gestalten – und genau das ist es, was dieses Programm so schön macht: dass es diesen unverzichtbaren Prozess des autonomen Wachstums ermöglicht. Die Selbstständigkeit, mit der diese Jugendlichen sich die nötigen Werkzeuge aneigneten und sie kreativ einsetzten, war während der kurzen Zeit der Zusammenarbeit deutlich spürbar.

Frauensache…

Die Realität einer Frau in El Salvador ist nicht dieselbe wie jene eines Mannes. Meine männlichen Kollegen hatten keine Angst, alleine mit dem Bus zu reisen. Ebensowenig mussten sie darüber nachdenken, wie „frau“ sich kleidet, um einen Ausflug in ländlichere und konservativere Gegenden zu machen; was „frau“ trägt, wenn sie an den Strand gehen möchte; wie sie sich gegenüber unangebrachten „Komplimenten“ auf der Strasse verhält; ob „frau“ ein Bier in der Öffentlichkeit trinken soll oder nicht; usw.

Abgesehen davon, dass ich eine Frau bin, sind meine Haare blond gefärbt (oder „weiss“, wie man in El Salvador sagt) und ich bin tätowiert. Manchmal fand ich mich in unbequemen Situationen wieder, in denen ich gerne unsichtbar gewesen wäre. Bei alltäglichen Dingen wie dem Anstehen im Supermarkt stehst du ständig im Mittelpunkt, denn du bist nun mal „anders“. Schliesslich musste ich lernen, diese Situationen einzuordnen und mich den patriarchalischen Strukturen zu stellen, die mich unter Druck setzten.

Doch erfährt eine Europäerin diese Ungleichheit noch immer anders als eine Salvadorianerin. Als Feministin habe ich erkannt, dass unsere „europäischen Bewegungen“ manchmal andere Arten von Kämpfen schlicht ignorieren, da wir sie bereits für ausgefochten halten. Die Diskussion des Feminismus mit meinen salvadorianischen Kolleginnen war jedenfalls sehr bereichernd.

Am 8. März, dem internationaler Frauentag, hatte ich die Gelegenheit, einen Ort namens „Ciudad Mujer“ (Frauenstadt) zu besuchen. Dort wird ein Programm zur ganzheitlichen Betreuung (medizinische Versorgung, wirtschaftliche Selbstständigkeit, etc.) von Frauen entwickelt, die an geschlechtsspezifischer Gewalt leiden. An jenem Tag konnte ich diesen Raum mit den Frauen teilen und bekam so die Gelegenheit, einen Einblick in ihre Erfahrungen zu erhalten. Die Geschichten, die ich hörte, machten mich fassungslos angesichts der Ängste und der Ungerechtigkeiten, die diesen Frauen widerfahren sind. Aber sie hinterliessen auch viel Bewunderung für ihre Widerstandsfähigkeit und Ausdauer.

Diese Erfahrungen stärkten mein Bewusstsein für die gesellschaftliche Bedeutung von Bildungsprogrammen wie demjenigen zur „Educación Popular“ von Consciente.

Farben…

El Salvador ist in kostbare Farben gehüllt. Die Landschaften sind bildschön und die Aussichtspunkte rauben dir für Sekunden den Atem. Die Stimmungen El Salvadors sind einzigartig – seine Vulkane, seine Musik und seine Menschen. Es faszinierte mich, mit einem Fresco (lokales Getränk auf Fruchtbasis) in der Hand durch den Markt zu schlendern und die Verkäufer von Kunsthandwerk zu beobachten oder die Frauen, die Tortillas und Puppen vor ihren Häusern zubereiten. Oder mit der Obsthändlerin zu sprechen und der Frau zuhören, die den schweren Eimer Gemüse auf dem Kopf trägt. Manchmal wurde diese Stimmung durch ein Militärfahrzeug unterbrochen, in dem bewaffnete Männer mit verhüllten Gesichtern Kontrollen durchführten, sogar vor Kindergärten. Manchmal packte ein junges Mädchen plötzlich meine Hand und bettelte mit Tränen in den Augen. Zu anderen Zeiten sah ich eine ältere Frau, die, um irgendwie über die Runden zu kommen, Taschen verkaufte, die sie auf dem Boden gefunden hatte. Es war nicht immer einfach, mit dem Kontrast zwischen der Schönheit und Einzigartigkeit dieses Landes und seiner schwierigen sozialen Realität umzugehen.

       

Die Farben El Salvadors werden von seiner kriegerischen Vergangenheit überschattet, die sich in den Gesichtern der Menschen widerspiegelt und in ihrer Art, nach einem besseren Leben zu streben. Manchmal war ich so eingenommen von der Schönheit dieses Landes, dass ich seine Geschichte vergass. Und ich glaube, dass ich dort ein Werkzeug gefunden habe, um gemeinsam zu lernen: Während ich sie an die Schönheit ihres Landes erinnerte, die für sie alltäglich und damit unauffällig geworden war, unterrichteten sie mich über die historischen Ereignisse El Salvadors – eines Landes, dessen Geschichte ich nicht kannte, an der ich als Europäerin wegen unserer kolonialen Vergangenheit aber ebenfalls in einem gewissen Sinne teilhabe.

Reflexionen…

In einer der Schulen, die ich besuchte, gab es ein Schild mit der Aufschrift: „Die Menschen sind nicht arm wegen ihrer Art zu leben, sondern wegen ihrer Art zu denken.“ El Salvador verfügt über einen grossen Reichtum an materiellen und personellen Ressourcen, doch das Problem sind die Ausbeutung und die Machtstrukturen, die in diesem Land bestehen. Und unter Machtstrukturen verstehe ich sowohl diejenigen, deren Ursprung in den gesellschaftlichen Entwicklungen des Landes selber zu suchen ist als auch jene, die wir im Zusammenhang mit unserer kolonialen Vergangenheit geschaffen haben.

Meine Position innerhalb dieser Machtstruktur war der grösste Kampf, den ich während meines Aufenthalts zu bestreiten hatte, sowohl persönlich als auch beruflich: Welche Rolle spiele ich in dieser Gesellschaft? Weshalb kommen wir von aussen „zu Hilfe“? Wie positioniere ich mich in Bezug auf die sozialen Situationen, die ich beobachte?

Wir führten nächtelange Diskussionen, in denen wir über weisse Vorherrschaft, «Malinchismo», Kolonialismus und dergleichen sprachen. Das waren äusserst wichtige Debatten, und ich denke, dass jede/r Freiwillige über diese Dinge nachdenken sollte, bevor sie oder er hierher kommt. Der Wandel manifestiert sich auch in meiner eigenen Sprache. So sage ich nicht mehr, dass ich freiwillig „helfe“ – vielmehr komme ich, um einen kulturellen Austausch durchzuführen. Dabei sind wir nicht etwa Trägerinnen des Wissens, sondern – wie es die Educación Popular lehrt – Teilnehmende eines egalitären Prozesses, in dem Wissen geschaffen und geteilt wird.

 

Das Mädchen und das Geschenk…

Das Mädchen, das ich euch am Anfang vorgestellt hatte, hat nun, nach ihrer Rückkehr, ihr Geschenk geöffnet und in ihm eine Welt namens El Salvador gefunden – voller Liebe, Freundschaft, Kampf, Erkenntnisse, Schönheit und Bewegung. Werte, die mein Sein und meinen zukünftigen Weg geprägt haben bzw. prägen werden. Ich bin dankbar für das Vertrauen und die Lehren, die die Menschen von Consciente in El Salvador sowie in der Schweiz mit mir geteilt haben und natürlich dafür, dass sie mir die Freiheit gegeben haben, mich auf diesem Weg voller Herausforderungen selber zu entfalten. Ich bin all jenen dankbar, die sich die Zeit genommen haben, mir die Schönheit des Landes, seine Geschichte, seine Tränen, seine Zukunftsvisionen zu zeigen. Vor allem möchte ich mich bei den Jugendlichen bedanken, die mich bei meinen Workshops begleitet haben. Sie liessen mich an ihrem Alltag teilhaben und gaben mir dabei viele Lektionen fürs Leben, viel Glück, die Hoffnung auf sozialen Wandel sowie die Energie, diesen aktiv einzufordern. Consciente hat mich Teil der Bewegung werden lassen – und ich bin jetzt Teil von Consciente.

Danke, Familie.


Tipps für zukünftige Reisende:

  • Bring genug Schokolade mit, so dass es auch für dich reicht.
  • Stelle dich darauf ein, dass du von vielen Moskitos gebissen wirst.
  • Iss viele Pupusas (Nationalgericht El Salvadors).
  • Bade im Rio Helado („eisiger Fluss“).
  • Erstelle eine Liste der Lieder, die sie dir empfehlen.
  • Tanze eine ganze Nacht lang auf der Consciente-Terrasse.
  • Sag immer „caval“, wenn du etwas magst.
  • Übernachte im Freien und beobachte den Sonnenaufgang.
  • Umarme einen Firulais (Name der streunenden Hunde).
  • Befreie Schildkröten an der Playa der Cuco („Kuckucksstrand“).
  • Sag „pacuso“, wenn etwas schrecklich riecht.
  • Lerne die Geschichte des Massakers von Mozote.
  • Lerne ein Wort in der Lenca-Sprache (Sprache einer indigenen Bevölkerung).
  • Geniesse eine Mangoneada.
  • Reise im offenen LKW.

 

Autorin: Tania Porto (aus der Schweiz), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

Die Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI Schweiz) ermöglicht es uns, Langzeitfreiwillige aus der ganzen Welt in El Salvador zu empfangen. Unsere internationalen Freiwilligen arbeiten bei bestehenden Projekten mit oder setzen eigene Ideen um und unterstützen so das lokale Team. Hast du Lust, wie Tania als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

Mehr Informationen

 

Livia Jakob

Alles ist möglich in einem Land wie diesem… – Bericht von Sebastiano, Freiwilliger aus Italien

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autor: Sebastiano Santoro (aus Italien), SCI Freiwilliger bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Sales Hollinger


Bevor ich mein LTV (Long Term Volunteering) antrat, drehte sich ein Strudel voller Ideen und Motivationen in meinem Kopf, auf die ich stets mit derselben grundsätzlichen Frage reagierte: „Was drängt mich eigentlich zum Gehen?“ Und stets hörte ich mich, ätzend und eintönig wie ein Anrufbeantworter, die folgenden Gründe zitieren: weil die internationale Zusammenarbeit das Thema meiner Bachelorarbeit war und ich mein Wissen in diesem Bereich unbedingt mit einer Live-Erfahrung vertiefen wollte.

Das Abfahrtsdatum rückte näher, und in diesem verwirrenden Strudel von Ideen begann ich langsam, ein schärferes Bild zu sehen, eine klare Form, die über die übliche Leier hinausging. Schliesslich halfen mir die zwei Ausbildungstage mit dem SCI (Service Civil International) in Rom, das Wirrwarr aufzulösen: Mit anderen Jugendlichen aus ganz Italien zusammenzukommen, die wie ich ins Ausland gehen wollten, ihre Ängste und Erwartungen zu hören und die Geschichten derjenigen, die soeben aus einem Workcamp (einer möglichen Form der Freiwilligenarbeit beim SCI) zurückgekehrt waren – all dies schaffte mir Klarheit darüber, was ich tun wollte.

Sich freiwillig zu engagieren, jenseits aller praktischen Gründe, ist eine sehr intime Entscheidung. Sie rührt aus einer Unverträglichkeit mit dem Hier und Jetzt, aus dem Wunsch, in einen anderen Winkel der Welt zu fliehen, auf der Suche nach einem Ort, an dem alles ein wenig mehr Sinn zu ergeben scheint.

Wir sind alle vor etwas geflohen. Es gab einen, der die Kontinente bereiste und sich verirrte und nun die Erfahrung machen wollte, im Dienste anderer zu stehen; einen – schon etwas älter, mit einem Job bei der Bank und Familie –, der beschloss, die Sorgen des Alltags abzuschütteln und zu gehen; einen, der noch zu jung und unsicher war; einen, der einer beendeten Liebe entfloh, und einen anderen, der der Trägheit seines kleinen Provinzdorfes entkommen wollte. Allesamt gingen sie mit der Sehnsucht nach Veränderung, nach Leben und Bewegung.

Was mich betrifft, so habe ich verstanden, dass bei dieser Entscheidung auch scheinbar zusammenhangslose und kaum denkbare Motivationen mitspielten – vor allem die zwei folgenden:

Zum einen waren da die Worte eines alten Lehrers aus den letzten Jahren meiner Zeit in der Sekundarschule. Er war einer jener Lehrer, die sich kaum beherrschen konnten, wenn sie mal wütend waren, die dann aber in der mündlichen Prüfung die Nationalität von Maradona, dem Fussballer, abfragen, wenn sie merken, dass du in Schwierigkeiten bist. In seinen Augen war ich ein unantastbarer Schüler, fleissig und unfehlbar – auch wenn oftmals falsch lag. Eines Tages vertraute er mir an, dass er nach seiner Pension etwas Geld sammeln und per Schiff nach Mittelamerika auswandern wolle, nach Guatemala, Honduras oder El Salvador. Dort wolle er sich ein kleines Haus am Meer kaufen, täglich angeln gehen und den Ruhestand in der Hitze der Tropen geniessen. Er erzählte witzige Anekdoten über die Menschen an diesen Orten, die ihm von früheren Reisen bekannt waren – darüber, wie „gutmütig, authentisch und solidarisch“ sie seien – und zeichnete ein magisches und faszinierendes Bild der Sprache dieser Länder und der Menschen, die dort lebten. Während meiner ganzen Jugend spürte ich den Zauber seiner Worte und Geschichten.

Zum anderen war da das Bild einer Pflanze: der „Bougainvillea“. Als Kind wuchs sie gross und üppig in einem Haus am Meer, wo ich jeden Sommer mit meiner Familie hinfuhr. Ich liebte diese Pflanze mit ihren leuchtend violetten Blüten, die, so erinnere ich mich, einen weichen Teppich bildeten, sobald sie zu Boden fielen. Ich liebte es, zwischen diesen Blütenblättern zu wandeln – bis meine Mutter ankam, stets auf Ordnung und Sauberkeit bedacht, und sie wegwischte. Eines Tages, vor vielen Jahren, wurde sie entfernt, um Platz für einen Ficus zu schaffen – und alles, was von ihr übrigblieb, war eine Erinnerung. Irgendwann habe ich herausgefunden, dass die Bougainvillea in Lateinamerika heimisch ist; von dort aus wurde sie hier in Europa von einem französischen Botaniker angesiedelt. Nach Lateinamerika zu gehen, die leuchtenden Farben der Bougainvillea wieder sehen zu können, ihren Duft zu riechen und auf den zu Boden gefallenen Blütenblättern zu gehen – das schien mir wie die Erfüllung verborgener Wünsche, die ich seit langem hegte. Mir gefiel der Gedanke – die Illusion – dass dieses Wiedersehen die zeitliche Distanz zwischen dem Kind, das ich war, und dem Mann, der ich jetzt bin, aufheben könnte.

   

Ich hatte somit verschiedene Beweggründe, teilweise sehr intime, und ich schämte mich beinahe, sie meinen Kolleg*innen zu gestehen. Jedenfalls sah ich nach dem Training mit dem SCI die Ideen ein wenig klarer und war überzeugt, dass ich einen Einsatz machen wollte. Wo? In Lateinamerika! Ich hatte keine Präferenzen bei der Wahl des Landes, aber ich bevorzugte Mittelamerika. Bei der Analyse der Vorschläge des SCI entschied ich mich schliesslich für ein Projekt in El Salvador, und zwar in San Francisco Gotera, der Hauptstadt Morazáns – eines der ärmsten Departemente des Landes und Schauplatz der Zusammenstösse zwischen der Guerilla und der staatlichen Armee im jüngsten Bürgerkrieg der 80er Jahre.

Bevor ich ging, war „El Salvador“ ein verwirrender Name für mich, und ich wusste auch nicht, wie ich ihn aussprechen sollte: Soll ich den Schwerpunkt auf die vorletzte Silbe oder auf die letzte Silbe legen? Es war ein Name, den ich im Grunde genommen mit drei Dingen verband: El Salvador wird von kriminellen Banden heimgesucht und hat daher eine der höchsten Mordraten der Welt; El Salvador ist eines der Ursprungsländer der Bougainvillea (die dort zu Ehren der Jahreszeit, in der sie blüht, „Veranera“ genannt wird); schliesslich wusste ich von meinem Lehrer, dass die Leute in El Salvador „gutmütig, authentisch und solidarisch“ sind.

Abgesehen von diesen eher widersprüchlichen Informationen wusste ich nichts über El Salvador. Die Kommentare zu Hause bezüglich der erstgenannten Tatsache könnt ihr euch wohl vorstellen. Doch der Wunsch zu gehen war stark und wurde auch von einem hartnäckigen Willen getrieben, tiefer in die Materie einzutauchen – ist El Salvador nur Gewalt und Kriminalität? Ich wollte die Dinge mit eigenen Augen beurteilen, statt blind den Statistiken zu vertrauen, die in den Zeitungen und im Internet zirkulierten. Jetzt, nach fünf Monaten Freiwilligenarbeit zurück in Italien, fühle ich mich „schwerer“ – und es ist nicht nur die Waage, die mir dies bestätigt. Ich habe verstanden, wie tiefgründig und voller angenehmer Überraschungen die Realität eines so kleinen Landes sein kann (die gesamte Fläche von El Salvador erreicht nicht einmal die Grösse der italienischen Region Emilia Romagna). Gleichzeitig ist das Land so komplex und zeigt tausend Gesichter, von denen nur das Negative die Aufmerksamkeit im Ausland erregt. El Salvador ist ein Land, dessen Widersprüche ich kennen und schätzen gelernt habe, da „alles möglich ist in einem Land wie diesem, das unter anderem den lächerlichsten Namen der Welt hat – jeder würde sagen, dass es ein Krankenhaus oder ein Schlepper ist“ (Zitat: Roque Dalton, salvadorianischer Dichter). El Salvador ist reich an Geschichte, Kultur und einer Menschlichkeit, die mich buchstäblich angenommen hat.

Ich habe Hand angelegt bei der Umsetzung einiger wesentlicher Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Nach vielen Jahren an der Universität und unzähligen Stunden der Theorie habe ich hier einen Weg gefunden, aus den Büchern herauszukommen und einigen dieser Ziele ein konkretes Gesicht und eine persönliche Geschichte zu geben.

Wenn ich zum Beispiel an das erste Ziel denke, „der Armut in der ganzen Welt ein Ende zu setzen“, dann erinnere ich mich an die grauen Wände der Häuser in den Armenvierteln von Guatajiagua, Cacaopera oder Gotera. Ich habe in den Häusern von Menschen geschlafen, die so gut sind wie Brot (für El Salvador wäre der Vergleich mit Tortillas besser), authentisch und rein wie Wasser, aber gezwungen, in Slums mit zerbrechlichen Dächern aus Ziegeln oder Eisenplatten zu leben. Unter prekären hygienischen Bedingungen und ohne grundlegende sanitäre Infrastruktur wohnen Grossfamilien zusammengedrängt auf wenigen Quadratmetern. Der materiellen Not steht ihre immense Gastfreundschaft gegenüber – eine uralte Tugend, die dort zu finden ist, wo es Demut gibt und die Neugierde, dem Fremden zu begegnen. Eine solche Gastfreundschaft liess mich die Ferne meiner Heimat vergessen. Sie bestand aus kleinen Dingen: aus gemeinsamem Essen und gemeinsamen Bemühungen, den schwarzen Schlamm zu gewinnen (für die für Guatajiagua typische handwerkliche Produktion von Keramik) oder das Wasser aus dem Brunnen zu holen; aus einem einfachen Lächeln, wenn man morgens aufwacht; aus brüderlichen Umarmungen und kostbaren Geschenken, wenn man sich verabschieden muss – kleine Gesten, die die Wände deines Herzens allmählich erweitern. Ich war immer der Ansicht, dass ein Haus, in dem Menschen wohnen, nicht nur ein Agglomerat aus Zement, Wasser und Ziegeln ist, sondern stets noch mehr: eine Art zu sein, ein Gefühl der Geborgenheit, eine Form der Liebe.

   

Ziel 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, „qualitativ hochwertige Bildung“, hat das Gesicht jedes Mitglieds des Teams von „Consciente“ – der NGO, bei der ich während fünf Monaten im Einsatz war – sowie der unzähligen Menschen, die sie unterstützen. Bildung ist ein wichtiger Treiber der Entwicklung eines Landes, und Consciente hat einen ehrgeizigen Traum: eine partizipativere, kritischere und kreativere Bildung für Morazán zu ermöglichen – ein Departement, in dem das Bildungsniveau niedrig ist und auch junge Menschen aus wirtschaftlichen Gründen die Schule ohne Abschluss verlassen müssen. Zu diesem Zweck hat die Organisation zusammen mit einem Schweizer Team eine Reihe von Projekten entwickelt, die sich auf die Vergabe von Stipendien, die Innovativen des Mathematikunterrichts und vieles mehr konzentrieren. Die Zahl der jungen Menschen, die von diesen Projekten profitieren, ist unendlich: Jede und jeder von ihnen hat eine schwierige persönliche Geschichte, aber auch den Traum, ein Studium abzuschliessen, um eine bessere Zukunft für sich, die Familie und das ganze Land zu ermöglichen, denn – wie mir einmal jemand aus dem Consciente-Team sagte – „Bildung verändert nicht die Welt, sondern die Menschen, die eines Tages die Welt verändern werden“. Aber Ziel Nummer 4 hat auch das Gesicht der Jungen und Mädchen, die an dem kleinen Italienisch-Sprachkurs teilgenommen haben, den ich persönlich im Hauptsitz der NGO entwickelt habe. Der Kurs ist zu einem Raum des Lernens, des Denkens und der Verbreitung von Ideen geworden, in dem wir nebenbei einige Grundregeln der Sprache gelernt haben. Wir haben italienische Lieder gesungen (zum Ärger der Nachbarn); wir schauten voller Emotionen den Film „Life is Beautiful“ – mein Blut erstarrte, als ich gefragt wurde, ob es wahr sei, dass im Italien jener Jahre die politische Rhetorik Menschen in Rassen unterteilte, wie es sonst mit Tieren geschieht – und wir kochten eine Carbonara nach römischer Art und bereiteten neapolitanischen Espresso zu.

Schliesslich hatte ich auch die Gelegenheit, mich persönlich von der Bedeutung des Ziels 5 zu überzeugen: „Gleichstellung der Geschlechter“ ist der unerfüllte Traum vieler Frauen, die physische und psychische Gewalt erlitten haben, die verbal belästigt oder vergewaltigt wurden oder denen das Recht auf ein Studium verweigert wurde – Frauen, die gegen ein System kämpfen, das ihre Flügel von früher Kindheit an zurückstutzt. Mit ihnen marschierte ich am 25. November, dem Welttag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, um gleiche Rechte für Frauen einzufordern. Einen besonderen Platz in meinen Erinnerungen hat der Ausdruck im Gesicht einer Frau eingenommen, der sich zu einer Grimasse zusammenzog: Schmerz und Befreiung, dunkle Augen, gerötet und von Tränen geschwollen. Es war Imelda Cortez vor dem Gerichtssaal, kurz bevor sie schliesslich von der Anklage des versuchten Kindermordes freigesprochen wurde. Die Geschichte von Imelda, einem 21-jährigen Mädchen, ist zum Symbol des salvadorianischen Kampfes für die Rechte der Frau geworden. Von ihrem Stiefvater zehn Jahre lang sexuell missbraucht, wurde sie im Alter von siebzehn Jahren schwanger und beschloss, ihre Schwangerschaft fortzusetzen, ohne Schule und Beruf aufzugeben. Sie war im achten Monat schwanger, als eines Tages plötzlich die Schmerzen einsetzten – es folgte eine Frühgeburt auf dem schmutzigen Boden der Hütte, in der sie lebt: eine getrennte Nabelschnur, massiver Blutverlust und eine verrückte Fahrt ins Krankenhaus. Dort wurde die junge Frau auf wundersame Weise gerettet. Besorgt, in eine illegale Abtreibung verwickelt zu sein, rufen die Ärzte die Polizei – Abtreibung ist in El Salvador ein Verbrechen, das auf einer Stufe steht mit Totschlag. Der Gerichtsprozess beginnt. Imelda wird von ihrem Stiefvater bedroht, während sie im Krankenhaus liegt, und verbringt schliesslich 18 Monate in Untersuchungshaft in einem der schlimmsten Gefängnisse des Landes. Aber der Alptraum ist vorbei: Mitte Dezember wurde sie dank der Proteste lokaler NGOs (einschliesslich Consciente) und der UN-Menschenrechtskommission freigesprochen. Ihr verzerrtes Gesicht, das im lokalen Fernsehen, aber auch in Artikeln internationaler Zeitungen zu sehen war, sowie ihre ganze Geschichte stellen die grösste Lektion in Feminismus dar, die ich je erhalten habe.

Kurz gesagt: Die Schönheit der Freiwilligenarbeit besteht in den vielen Erinnerungen, die man mitnimmt. Täglich wächst ihre Zahl, und als ich im Flugzeug sass, spürte ich zum ersten Mal das Gewicht der Ereignisse und Erfahrungen, die ich nicht leicht würde verarbeiten können. Ich war bewegt und meine Seele war besonders fiebrig und sensibel, so dass jede kleine emotionale Schwingung zu einem aufwühlenden Gefühl zu werden drohte, das durch meinen ganzen Körper hallte und bis in die Knochen drang.

Und es spielt keine Rolle, dass ich die Landessprache nicht perfekt sprach, oder dass die meisten Menschen mit der italienischen Kultur bloss Pizza, die Mafia und Juventus Turin assoziierten. Denn es gibt noch etwas anderes, und in diesen fünf Monaten habe ich es erfahren: etwas gemeinsames, das nicht erklärbar ist, sondern nur „erfühlt“ werden kann.

Seit Tagen summe ich mit Freunden den Refrain eines Liedes, dessen Text lautet: „Ich bin nicht von hier, aber du bist auch nicht von hier – von nirgendwo und doch von überall ein bisschen.“ Ich habe brüderliche Beziehungen zu einer unendlichen Anzahl von verschiedenen Menschen geknüpft; ich habe Ideen und Gedanken über die Welt geteilt; ich habe bei chilenischem Wein über Politik diskutiert; ich habe einem neugierigen Gemüsehändler die Geschichte von Romulus und Remus erzählt; ich habe einen ehemaligen CIA-Agenten getroffen, der mir von den Gräueltaten erzählte, die während des Krieges vom Militär begangen wurden; ich hörte intime Geheimnisse, so intim, dass sie aufrichtige Tränen hervorriefen; ich las zum ersten Mal Bibelverse mit einer grossartigen Familie von Evangelisten; ich hörte den asthmatischen Klang einer Gitarre ohne Saiten, im Kreis sitzend, in religiöser Stille und unter einem Himmel voller Sterne; ich nahm Lektionen bei einem weisen Kakawira, der in einem kleinen indigenen Dorf im Norden von Morazán wohnte; ich ass am gleichen Tisch und teilte das gute Essen; ich schlief im selben Bett oder derselben Hängematte; ich sah beeindruckende Sonnenaufgänge und bewegende Sonnenuntergänge; ich las den Schmerz in den Falten der Gesichter der Bewohnerinnen und Bewohner von El Mozote, als sie des Bürgerkriegsmassakers gedachten, das vor 27 Jahren die gesamte Bevölkerung des kleinen Dorfes vernichtete und dessen Opferzahl, die meisten davon Kinder, noch immer unbekannt ist; ich lief um Mitternacht des 31. Dezembers im Zickzack um die Gläser, die die Leute zur Feier des neuen Jahres auf die Strasse stellten, und bewunderte die Häuser im Zentrum von Gotera, die durch das farbenprächtige Feuerwerk beleuchtet wurden; ich reiste 18 Stunden lang im Auto, um ein Paket aus Italien zu empfangen, das ich zwar aus bürokratischen Gründen nie erhalten habe, das es mir jedoch erlaubte, eine neue Freundschaft zu schliessen; ich feierte meinen Geburtstag am Strand von Los Cobanos, baute Sandburgen und hörte dem Meer zu, dessen Gezeiten nachts wogen; ich besuchte eine Höhle mit Wandmalereien, die mehr als 10’000 Jahre alt war und „die Sixtinische Kapelle von Kakawira“ genannt wurde.

   

Ich tat dies und viele andere Dinge – ein ganzes Buch könnte ich damit füllen. Wohl war ich traurig, als ich nach Hause reiste – das gebe ich zu – aber stets wird die Freude überwiegen, dass ich das Glück hatte, solche Erfahrungen zu machen, die an mir haften geblieben sind – doch nicht wie Kleidung, die man einfach wechseln kann. El Salvador klebt an meiner Haut, mit unauslöschlicher Tinte, wie ein Tattoo.

Abschliessend noch drei Dinge: Mein Lehrer von damals konnte seinen Traum nicht verwirklichen – der Tod überraschte ihn ein Jahr nach seiner lang erwarteten Pensionierung. Doch ich kann es bezeugen, weil ich es am eigenen Leibe erfahren habe: Er hatte Recht, was die Bewohnerinnen und Bewohner dieses Erdteils betrifft.

Und nein: Die Bougainvillea wieder zu riechen und ihr wildes Wachstum zu sehen, hat mich zwar ein wenig erleichtert, aber es hat die Distanz zwischen meinem jetzigen und meinem früheren Ich nicht aufgehoben. Ich spüre in mir drin die Jahre, die vergangen sind. Es war nur eine süsse Illusion.

Und schliesslich müsste ich noch die Frage beantworten, ob nun El Salvador nur Gewalt und Kriminalität sei – die Antwort kannst du dir denken.

 

Autor: Sebastiano Santoro (aus Italien), SCI Freiwilliger bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

Die Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI Schweiz) ermöglicht es uns, Langzeitfreiwillige aus der ganzen Welt in El Salvador zu empfangen. Unsere internationalen Freiwilligen arbeiten bei bestehenden Projekten mit oder setzen eigene Ideen um und unterstützen so das lokale Team. Hast du Lust, wie Sebastiano als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

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Livia Jakob

Eine Reise ins „Salvadorianische Bewusstsein“ – Bericht von Joëlle, Freiwillige aus Belgien

5. Juli 2019/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Joëlle Mignon (aus Belgien), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador

Übersetzt von: Christoph Kühnhanss


Ich bin nun seit über einem Monat bei Consciente, und auch wenn dies sehr kurz erscheinen mag – ein Monat kann es ganz schön in sich haben. In dieser Zeit habe ich so viele Menschen getroffen und so viele neue Erfahrungen gemacht, dass mein Bewusstsein bereits begonnen hat, sich tiefgreifend zu verändern.

Seit meiner Ankunft in El Salvador befinden sich alle meine Sinne in einem ständigen Wachzustand. Alles ist anders, alles will neu entdeckt werden. Schon am ersten Tag fühlte ich mich wie zuhause, denn überall begrüssten mich ein Lächeln und warme Worte des Willkommens. Ich spürte vom ersten Augenblick an: „Ich werde diese Leute mögen!“.  Die zweite Einsicht kam zwar nicht sofort, sondern erst nach der ersten Akklimatisierungsphase, dafür umso deutlicher: Ich komme aus einem sehr privilegierten Land.

Belgien hat ein kühles Klima und grüne, aber einheitliche Vegetation. Es ist ein Land mit sozialer Absicherung, hohen Beschäftigungsraten und kaum sichtbaren sozialen Ungleichheiten, vor denen man leicht die Augen verschliessen kann. In Belgien kämpfen wir allenfalls gegen die Auswüchse des kapitalistischen Systems oder für die Gleichstellung von Frauen und Männern, setzen uns ein für bessere soziale Institutionen, die alle Bevölkerungsschichten gleichermassen berücksichtigen, oder protestieren gegen Steuerhinterziehung und die wachsende Macht multinationaler Unternehmen. Dabei merken wir oftmals überhaupt nicht, was für ein Privileg es ist, sich überhaupt für oder gegen etwas engagieren zu können. Denn wir wissen nicht, was es bedeutet, in einem Land wie El Salvador zu leben, wo so viel Korruption und Vetternwirtschaft herrscht und wo es kaum Möglichkeiten gibt, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Wir wissen nicht, was es bedeutet, mit so himmelschreienden Ungleichheiten konfrontiert zu sein, dass die Zukunft der ärmsten Menschen in den Händen weniger Reicher liegt, deren einziges Interesse darin besteht, Geld zu machen. Oder wie es ist, in einem Land zu leben, in dem der Machismo so stark ist, dass es für Frauen schon gefährlich ist, sich gegen männliche Übergriffe zur Wehr zu setzen; in einem Land, das so konservativ ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung Abtreibung in jedem Fall verurteilt. Und vor allem haben wir keine Ahnung, was es bedeutet, in einem Land zu leben, das von kriminellen Banden beherrscht wird, so dass selbst die Regierung nicht weiss, wie sie die alltägliche Gewalt stoppen kann.

   

All das lässt einen sofort wieder umkehren wollen – aber bei mir ist das Gegenteil passiert: Je mehr ich mir der Situation in diesem Land bewusst wurde, desto mehr reizte es mich, es näher kennenzulernen und zu verstehen, wie es so weit gekommen ist.

Die Geschichte El Salvadors ist dunkel, aber dieser Dunkelheit steht die Strahlkraft seiner Menschen gegenüber: Hier begrüßt dich jede und jeder mit einem wohlwollenden Lächeln, und schon nach wenigen Gesprächen mit den Menschen, die ich bei Consciente getroffen habe, wurde mir klar, dass der Blick aller in die Zukunft gerichtet ist. Ich habe noch nie so viele Menschen getroffen, die helfen wollen, ihr Land zu verändern. Die Jugendlichen sind unerwartet aktiv und engagiert, und das inspiriert mich derart, dass ich nur noch eines will: mit ihnen zusammenarbeiten. Seit ich hier angekommen bin, begegnete ich vielen freundlichen Menschen mit toller Ausstrahlung, die mich ihr Land entdecken lassen und sehr gerne mit einer Belgierin teilen wollen. Letztendlich besteht die grösste Bereicherung darin, mit anderen Menschen zu teilen und sich auszutauschen, denn dabei lernen wir alle von einander.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich Consciente entdecken durfte. Es beweist einmal mehr, dass die Einheimischen sehr wohl dazu in der Lage sind, große Dinge zu tun, um die eigene Wirklichkeit zu verändern. Bei Consciente liegt der Fokus auf der „educación popular“: Lernen durch Handeln und unter Berücksichtigung der Voraussetzungen, die jede und jeder Einzelne mitbringt. Hier geht es nicht darum, auf traditionelle Weise zu unterrichten, indem eine Lehrperson einer Klasse Vorträge hält und Anweisungen gibt. Vielmehr tauschen sich die Teilnehmenden untereinander aus, teilen ihre Erfahrungen, und alle nehmen etwas aus den Workshops mit oder gehen sogar als veränderte Menschen daraus hervor.

Was mir an Consciente am besten gefällt, ist, dass die Organisation einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt: Sie bietet jungen Menschen reelle Bildungschancen, die ansonsten keine Möglichkeit haben zu studieren; sie arbeitet daran, das traditionelle Bildungssystem mit innovativen Projekten weiterzuentwickeln; sie bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sich selbst an der Vermittlung von Wissen zu beteiligen; sie arbeitet aber auch mit vielen Organisationen wie Frauenverbänden oder Veteranenvereinen zusammen. Die „educación popular“ wird hier als etwas Umfassendes angesehen, und das scheint mir der einzige richtige Weg zu sein, der zu nachhaltigen Lösungen führt. Deshalb fühle ich mich glücklich, mit meiner Arbeit einen kleinen Beitrag zum Gelingen dieser Projekte zu leisten – wenn auch nur für kurze Zeit.

Mein tägliches Leben bei Consciente besteht darin, Englischunterricht zu geben – meine Schülerinnen und Schüler sind die motiviertesten, die ich je getroffen habe! – und im Rahmen des Projektes CAL-IMPACT (computer-gestützter Mathematikunterricht für Kinder) Grundschulen zu besuchen. Schliesslich arbeite ich bei der Entwicklung von Workshops zur Gesundheitsprävention mit. Die Aufgaben sind sehr vielfältig, was mir die Möglichkeit gibt, sowohl das salvadorianische Bildungs- wie auch das Gesundheitssystem kennenzulernen.

El Salvador begeistert mich wegen seiner Geschichte, seiner Kultur und seiner Menschen und ich freue mich schon darauf, in den nächsten Monaten noch viel Neues zu entdecken. Am meisten gefällt mir die Vielfältigkeit meines Einsatzes: Man kann nie wissen, was am folgenden Tag passiert, und das gibt mir enorm viel Motivation! Ich bin schon gespannt, was als Nächstes passiert…

Autorin: Joëlle Mignon (aus Belgien), SCI Freiwillige bei Consciente El Salvador


SCI Freiwilligen-Einsätze bei Consciente

Die Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI Schweiz) ermöglicht es uns, Langzeitfreiwillige aus der ganzen Welt in El Salvador zu empfangen. Unsere internationalen Freiwilligen arbeiten bei bestehenden Projekten mit oder setzen eigene Ideen um und unterstützen so das lokale Team. Hast du Lust, wie Joëlle als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

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Livia Jakob

6 Monate voller Leben – Projekte säen, Lächeln kultivieren, Verbindungen knüpfen, Träume wahr werden lassen

9. Oktober 2018/in Aktiv werden, Freiwilligenarbeitsprogramm, SCI Freiwilligeneinsatz/von Livia Jakob

Autorin: Annalia Bodeo, Schweizer Freiwillige bei Consciente El Salvador,  Januar – Juli 2018 (SCI Schweiz)

Übersetzt von: Sales Hollinger (Link zur spanischen Version)

Ich erinnere mich noch an den Tag, als mir gesagt wurde, dass es in El Salvador ein ausgezeichnetes Projekt mit engagierten jungen Menschen und Träumer*innen gebe, die die soziale Realität durch die Vermittlung von kritischer und kreativer Bildung verändern wollen. Dadurch soll die lokale Jugend für die sozialen Probleme und Herausforderungen sensibilisiert und ein kritisches Bewusstsein geschaffen werden, das es ihnen ermöglicht, eine bessere Gesellschaft zu gestalten. Am Tag vor meiner Abreise war ich sehr aufgeregt und motiviert. Hier stand ich nun, allein mit meinem Rucksack und voller Lust auf Abenteuer – bereit, eine neue Sicht auf die Welt zu erhalten. Ich wollte wachsen, lernen und teilen. Ich wollte all mein Wissen und mein Wesen weitergeben, um den von Consciente El Salvador eingeschlagenen Pfad weiter zu gehen und neue Samen der Hoffnung zu säen.

Ich hatte schon einiges von El Salvador gehört. Dennoch wusste ich vor meiner Ankunft kaum etwas über dieses wunderschöne Land. So liess ich mich jeden Tag überraschen von seiner Kultur und seinen Menschen, seiner Natur und seinem Essen, seinen Werten, Bräuchen und Traditionen.

Januar: Begegnungen, Neuheiten – eine ganze Welt, die es zu entdecken, zu leben gilt. Die Eingliederung in das Arbeitsteam von Consciente; das täglich wachsende Lächeln; die Begegnung mit vielen jungen Menschen. Ich fand schnell meinen Platz, mein Zuhause, meine Familie, bei der ich mich wohl fühlte. Dank dieser jungen Menschen fiel es mir leicht, in die Realität von Morazán einzutauchen und die ganze Komplexität einer fremden Kultur mit ihrer Geschichte, ihren Werten und Bräuchen zu entdecken. Diese Erfahrung war faszinierend und erlaubte es mir, die Anthropologie, die ich ja studiert hatte, aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben. Dank Erfahrungen wie dieser werden Horizonte und Grenzen aufgelöst und die Augen lernen, die Realität auf eine andere Weise zu sehen.

Februar: Es folgten Entdeckungen aller Art: gastronomische, geografische, menschliche und insbesondere solche zu meiner Rolle als Freiwillige bei Consciente. Darunter waren Begegnungen und handfeste Gespräche mit ehemaligen Guerilla-Kämpfer*innen, mit Frauen, die täglich unter der Kultur des Machismo leiden, und mit jungen Menschen mit einer schwierigen Vergangenheit – das war nicht immer leicht zu verdauen. Ich hörte diesen Menschen zu, die mir Erfahrungen ihres Lebens anvertrauten, die schwer zu meistern sind und einer entsprechend grossen Aufmerksamkeit verdienen, und fühlte mich ihnen sehr nahe. Ein Lächeln, eine Umarmung und ein fester Blick in die Augen. Aber warum so viele Barrieren, so viele Grenzen? Ich habe sofort gelernt, dass es keine Grenzen gibt. All diese Begegnungen haben mich tief beeindruckt. Angesichts der Ungerechtigkeiten eines dysfunktionalen Systems gibt es Empörung und kritisch denkende junge Menschen voller Energie und guter Absichten, voller Freude und Lebensgefühl. Für meinen Teil habe ich mich bemüht, meinen Aufenthalt zu einem Samenkorn des großen Baumes von Consciente werden zu lassen, der stetig wächst und mit der Zeit Früchte tragen wird.

Ich hatte nun auch allen Grund, mich zu engagieren und dabei zu helfen, ein Zeichen zu setzen im Kampf für sozialen Wandel den Aufbau von Wohlfahrt in der salvadorianischen Gesellschaft. Denn aus dem, was ich erlebte und beobachtete, aber auch aus den Erzählungen junger Menschen wurde mir bewusst, dass meine Hauptaufgabe darin bestehen würde, mit und für die Jugendlichen von Morazán, vor allem jene aus der Umgebung von San Francisco Gotera, zu arbeiten. Nun habe ich diesen Traum verwirklicht: Ich habe ein Projekt ins Leben gerufen, und dank der Unterstützung vieler junger Menschen konnten wir bereits mit der Arbeit beginnen. “Recre/accion” sollte einen Raum bieten für Begegnung und Austausch, für Unterhaltung, Freizeit, Sport und Entspannung, für kreative Aktivitäten und eine Zusammenarbeit, bei der Respekt und Geschlechtergleichstellung höchste Priorität geniessen. Bei all diesen Aktivitäten sollen die Bewusstseinsbildung und die Pflege einer kritischen Sicht auf die soziale Realität, schliesslich auch die Gewaltprävention im Vordergrund stehen. Nach und nach wurde die Idee konkretisiert und in die Praxis umgesetzt. Heute treffen sich jeden Samstag motivierte junge Menschen im Jugendzentrum INJUVE und schlagen Aktivitäten vor. Es erfüllt mich mit einer riesigen Freude! Ein Wassertropfen in einem Ozean, in dem es viele andere Tropfen gibt, die zusammen einen Unterschied machen können.

 

   

März: Im März hatte ich die Möglichkeit, als internationale Wahlbeobachterin zu amten, und während dieser Erfahrung erweiterte sich mein Horizont beträchtlich: Orte, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie in El Salvador geben könnte, Natur, Menschen, die in NGOs engagiert sind, politische Parteien, die sich sozial für den Umweltschutz und die Verteidigung der Menschenrechte einsetzen. Ich sah die Bemühung vieler Menschen, ein El Salvador zu schaffen, das für das Wohlergehen seiner gesamten Bevölkerung da ist. Warum dürfen einige so reich sein, während andere nicht genug zu essen haben? Warum ist die Frau immer noch diesem patriarchalischen System unterworfen? Warum gibt es so viel Korruption? Wo bleiben die Rechte der Frauen und Männer, der Jugendlichen, der Mädchen und Jungen? Fragen, die schwierig zu beantworten sind…. Ich entschied, dass ich die Antworten mit der nötigen Zeit finden würde und dass ich sie durch meine Freiwilligenarbeit bei Consciente und vor allem in meinem täglichen Leben mit Freunden und Menschen, die ich getroffen habe, in konkrete Handlungen umsetzen würde.

Es kam der Internationale Frauentag: Als Frau und als Teil des Consciente-Teams gingen wir hin, um auf der Straße Rechte einzufordern und die traurige Realität von Gewalt, Femizid und mangelnder Rücksichtnahme in der Gesellschaft anzuprangern. „Rechte, die nicht verteidigt werden, sind Rechte, die verloren gehen.” Dies gilt jederzeit; es war, ist und wird wichtig sein, sich für diese Rechte einzusetzen, um sie zu erhalten.

April: Ich habe mir den Sonnenuntergang am Strand angesehen. Bei dieser Gelegenheit, angesichts der Schönheit des Meeres und der wilden Natur, bestätigte sich von Neuem die Gewissheit, dass El Salvador ein schönes Land sei – nicht nur wegen seiner Natur, sondern vielmehr wegen der Herzen seiner Bewohner*innen. Ein Freund sagte mir, dass die Menschen hier von Hoffnung und Träumen leben, die sie jeden Tag zu verwirklichen versuchen. Die salvadorianische Bevölkerung, die ich getroffen habe, ist in der Tag großartig; dieses Land hat das Potenzial, aus dem Einfachen, dem Alltäglichen, dem Lokalen etwas Neues und Besseres zu erschaffen. Die meisten Menschen haben täglich viel zu kämpfen, doch sie tun dies mit einem unbändigen Feuer, das nie erlischt.

Ich war stets begeistert, tiefgründige Gespräche mit jungen Leuten zu führen, die schließlich gute Freunde von mir wurden. Sei es während meiner Arbeit im Büro oder der Vorbereitung von Workshops und anderen Aktivitäten, zwischen dem Besuch von Schulen und einer Partie Basketball, während eines Spaziergang in der Natur oder bei einem Lagerfeuer – wir teilen sehr viel miteinander. Niemand kann mir die fröhlichen Gesichter, das Lächeln und das Vertrauen nehmen, das mir jene Kinder, Jugendliche und Erwachsene schenkten, die ich auf meinem Weg kennengelernt habe und die mir so viele Fragen stellten, Witze machten und mir Geheimnisse anvertrauten – ein unvergleichlicher Reichtum.

Mai: Zwischen Italienisch-, Englisch- und Rechtschreibkursen haben wir alle viel gelernt, wir haben viel gelacht, wir haben uns konzentriert, und schliesslich haben wir es geschafft. Einmal mehr wurde mir auch bewusst, wie schwierig es war, die Rolle der Lehrerin zu übernehmen. Es war kein blosser Sprachunterricht, sondern eine Lehre über das Leben selber und ein Teilen unterschiedlicher Lebenswelten. Wir begannen, über teils schwierige und noch immer tabuisierte Themen zu sprechen. Ohne Angst und mit Zuversicht schafften wir es so, uns gegenseitig zu bereichern. Man hört nie auf zu lernen, nie.

Es gibt viele Arbeitsbereiche, die Consciente abdeckt, und das Leitmotiv „für eine kritische und kreative Bildung“ widerspiegelt sich jeden Tag in den Stipendien- und Bildungsprogrammen, dem Projekt “Portal Educativo” (CAL-IMPACT), den Bemühungen und der großartigen Arbeit des Teams und aller Kämpfer*innen für eine bessere Gesellschaft.

Juni: Noch nie in meinem Leben war die Zeit so schnell vorübergegangen. Ich denke, es war eine magische Zeit, in der wir starke Bindungen schufen, hart arbeiteten, Projekte ins Leben riefen, Lächeln pflegten und Träume wahr machten. Es war nicht einfach, sich zu verabschieden. Die Lebenswege trennen sich nach unterschiedlichen Richtungen, doch eines ist sicher: Ich habe meine Familie, meine Freunde, meine Aktivitäten, meine Lieblingsplätze, meinen Raum, mein Zuhause gefunden – und so habe ich einen Teil meines Herzens in El Salvador gelassen. Ich habe mich in die Natur und die Menschen verliebt. Sie fragen mich heutzutage: „Was hat dir an El Salvador am besten gefallen?“ Meine Antwort mag einfach erscheinen, aber sie geht sehr tief: Menschen zu begegnen, mit ihnen zu lernen und zu wachsen und all die wunderbaren Erfahrungen zu teilen – mit den Menschen El Salvadors mit ihren großen, demütigen Herzen. Vielen Dank an alle für dieses unglaubliche Erlebnis!

Ich bin Consciente und dem SCI (Service Civil International) sehr dankbar, dass sie es mir ermöglicht haben, eine so intensive Lebenserfahrung mit einzigartigen Farben und Geschmäckern zu erleben. Und ich bin wirklich fasziniert von der Arbeit, die Consciente weiterhin für das Departement Morazán und seine Bewohner leistet: eine unglaubliche Zusammenarbeit und Koordination zwischen der Schweiz und El Salvador, eine echte Familie! Wie Malala sagt: „Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch und eine Feder können die Welt verändern.” Bildung ist die einzige Lösung. Los geht’s!

Autorin: Annalia Bodeo, Schweizer SCI-Freiwillige bei Consciente El Salvador,  Januar – Juli 2018

Hast du Lust, wie Annalia als Freiwillige nach El Salvador zu gehen? Mehr Informationen findest du hier:

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